Regierungskrise: Bulgarien sucht nach Gabriels Rückzug eine Übergangsregierung

Das Scheitern der Regierungsverhandlungen zwischen den beiden größten politischen Gruppierungen des Staates, GERB und Wir setzen den Wandel fort - Demokratisches Bulgarien (PP-DB), hat die bulgarischen Institutionen nach den Ende letzten Jahres vorgenommenen Verfassungsänderungen auf unbekanntes Terrain geführt. [EPA-EFE/VASSIL DONEV]

Die ehemalige EU-Kommissarin Mariya Gabriel (GERB, EVP) hat am Montag (25. März) ihre Kandidatur für das bulgarische Ministerpräsidentenamt zurückgezogen. Der Präsident muss daher wohl heute mit einem bisher unerprobten Prozess eine Übergangsregierung finden.

Nach früheren politischen Vereinbarungen hätte sie den Posten erhalten sollen.

Das Scheitern der Koalitionsverhandlungen zwischen den beiden stärksten politischen Kräften – GERB und PP-DB – wird die bulgarischen Institutionen auf Terrain führen, das wegen der Verfassungsänderungen von letztem Jahr noch gänzlich unerprobt ist..

„Die fehlende Einigung bei den politischen Verhandlungen macht das Verfahren zur Wahl des Ministerpräsidenten und der Regierung sinnlos“, erklärte Gabriel in ihrer Stellungnahme, die dem Parlament übermittelt wurde.

Vor neun Monaten hatten die ehemaligen Kontrahenten GERB und PP-DB ein Kabinett unter der Führung des PP-DB-Vorsitzenden Nikolai Denkov zusammengestellt. Die Bedingung war, dass Denkov am 6. März zurücktritt und Gabriel das Amt der Ministerpräsidentin übernimmt. Die geplante Rotation scheiterte jedoch.

Das bulgarische Parlament wird nun am Dienstag in einem formellen Verfahren abstimmen und ihr Mandat als Ministerpräsidentin für gescheitert erklären.

Danach dürfte Präsident Rumen Radev, ein prominenter Gegner von Militärhilfen für die Ukraine, der PP-DB, der zweitgrößten parlamentarischen Fraktion, den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen.

Doch auch der zweite Versuch einer Regierungsbildung dürfte scheitern, da die GERB angekündigt hat, erst nach Parlamentsneuwahlen wieder politische Verhandlungen aufnehmen zu wollen.

Die anderen parlamentarischen Fraktionen können nur im dritten und letzten Anlauf mit Unterstützung von GERB und PP-DB versuchen, eine Alternativregierung zu bilden.

Sollte dieser Versuch scheitern, muss Radev nach dem neuen verfassungsrechtlichen Verfahren einen geschäftsführenden Ministerpräsidenten aus einer Liste von zehn Personen mit Spitzenpositionen in der staatlichen Verwaltung auswählen.

Dazu gehören der Präsident der Nationalversammlung, der Gouverneur oder die stellvertretenden Gouverneure der bulgarischen Nationalbank, der Vorsitzende der Rechnungskammer und seine beiden Stellvertreter sowie der nationale Ombudsmann und sein Stellvertreter.

Dieses Verfahren zur Ernennung des geschäftsführenden Ministerpräsidenten wurde bisher noch nicht erprobt. Es besteht die Gefahr, dass sich die derzeitige politische Krise in Sofia in eine Verfassungskrise verwandelt, wenn einer der zehn Kandidaten die Ernennung ablehnt.

Die bulgarische Verfassung wurde 2023 geändert, um die übermäßigen Befugnisse des Präsidenten bei der Ernennung von Übergangsregierungen im Land zu beseitigen. Dies ging aus den Erfahrungen der politischen Krise 2021-2022 hervor.

Am Sonntagabend forderte der scheidende Ministerpräsident Nikolai Denkov (PP-DB) den GERB-Vorsitzenden Bojko Borissov auf, eine Vereinbarung mit der PP-DB zu treffen, um eine politische Krise zu vermeiden.

GERB antwortete, dass Verhandlungen erst nach vorgezogenen Neuwahlen möglich seien, die mit den Europawahlen am 9. Juni zusammenfallen könnten.

Die politische Krise in Sofia bedroht Bulgariens Bestrebungen, der Eurozone beizutreten, die volle Schengen-Mitgliedschaft zu erlangen und weiterhin Militärhilfe an die Ukraine zu senden.

Zu letzterem gehört zum Beispiel der Vorschlag an das Parlament, der Ukraine ein Militärhilfepaket im Wert von fast 150 Millionen Dollar, einschließlich schwerer militärischer Ausrüstung, zukommen zu lassen, wie Euractiv zuvor berichtete.

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