Mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen haben sich in einem Schreiben an den Binnenmarktchef der EU-Kommission, Thierry Breton, gewandt und im Zusammenhang mit dem Leitlinien-Entwurf für die Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie auf „schwerwiegende Bedenken hinsichtlich der Grundrechte“ hingewiesen.
Die Bürgerrechtsverbände betonen im Brief ihre Ansicht, dass Artikel 17 der Richtlinie – der sicherstellen soll, dass Plattformen keine urheberrechtsverletzenden Werke mehr online zur Verfügung stellen dürfen – Grundrechte verletzt.
Ausdrücklich kritisiert wird vor allem der vorgeschlagene Einsatz von automatisierten Technologien zur Erkennung von urheberrechtsverletzendem Material (oftmals als „Uploadfilter“ bezeichnet).
Streitpunkt „Uploadfilter“
Derweil wurden die Ergebnisse der Konsultationen, die in der zweiten Hälfte des Jahres 2019 und bis Anfang 2020 stattfanden, inzwischen in den Leitlinienentwurf aufgenommen, den die Kommission in der vergangenen Woche veröffentlichte.
Dieser Leitfaden, so die Unterzeichner des Briefes, verletze jedoch nach wie vor das Recht auf freie Rede und Meinungsäußerung. Schließlich würde damit die Verwendung von Technologien zur automatischen Inhaltserkennung befürwortet, die darauf abziele, regelwidrige Inhalte zu „stoppen“, bevor sie überhaupt online erscheinen können.
„Wir sind nach wie vor zutiefst besorgt darüber, dass die Richtlinie die Verwendung automatisierter Inhaltsblockierung durch Online-Dienste befürwortet – obwohl klar ist, dass dies zur Verletzung von Grundrechten führen wird,“ heißt es in dem von Organisationen wie Communia, der Gesellschaft für Freiheitsrechte und EDRi unterzeichneten Schreiben.
Angesichts dessen gebe es weiterhin die Befürchtung, „dass die Umsetzung von Artikel 17 auf Grundlage dieses vorgeschlagenen Leitfadens etablierte Prinzipien des EU-Rechts verletzen wird“.
Laut aktuellem Plan soll die Richtlinie ab Juni 2021 in den EU-Staaten umgesetzt werden.
Druck von mehreren Seiten
Nach der offiziellen Vorlage des Briefes am Montag forderte Eva Simon von der Civil Liberties Union for Europe die Kommission auf, ihre Position zum Einsatz von „automatisierter Inhaltserkennungstechnologie“ zu überdenken.
„Die Verwendung von Uploadfiltern war schon immer der Knackpunkt, wenn es um die Urheberrechtsbestimmungen der EU geht,“ erinnerte sie. „Uploadfilter sind ungenau und verstehen den jeweiligen Kontext nicht. Ohne jegliches menschliches Eingreifen können Videos oder Artikel, die Menschen ins Internet hochladen, von diesen Filtern blockiert werden, was gegen die Meinungsfreiheit und die Freiheit des Informationszugangs verstößt.“
Sie machte deutlich: „Wir dürfen uns nicht allein auf Maschinen verlassen, wenn es darum geht, die Grundrechte der Menschen zu schützen.“
Derweil hat es im Rahmen der Konsultationen der Kommission in den vergangenen Wochen und Monaten offenbar von beiden Seiten der Debatte umfassende Lobbyarbeit gegeben.
In der vergangenen Woche übermittelte eine Gruppe von Rechteinhabern und Urhebern von Inhalten, darunter die Association of Commercial Television in Europe sowie News Media Europe, der Kommission ihrerseits einen Brief.
Darin wendet sich die Gruppe gegen die Auslegung diverser Aspekte von Artikel 17 durch die EU-Exekutive. Viele Maßnahmen gingen dabei nicht weit genug und stünden „im Konflikt mit der Entscheidung der Kommission, die Kultur zu einem der vorrangigen Aktionsfelder zu machen“, in denen für die Erholung von den Auswirkungen der Pandemie gesorgt werden soll.
[Bearbeitet von Zoran Radosavljevic und Tim Steins]