Für den kommenden mehrjährigen Finanzrahmen soll das EU-Budget erhöht werden – trotz des Austritts Großbritanniens, fordert Haushaltskommissar Günther Oettinger.
Zwischen 2021 und 2027 sollten die Ausgaben von aktuell ein Prozent auf 1,1 bis 1,2 Prozent des Bruttonationaleinkommens der EU steigen, erklärte Oettinger gestern. Im Gespräch mit Journalisten kündigte der deutsche Kommissar zudem an, dass die Kommission die Verhandlungen über den kommenden mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der Union bald anstoßen werde. Man wolle verhindern, dass sich bei Haushaltsfragen ähnliche Last-Minute-Entscheidungen zwischen den EU-Institutionen wiederholen, wie dies bei den letzten Verhandlungen im Jahr 2013 der Fall gewesen war.
„Beim letzten Mal wurde die Entscheidung zu spät gefällt. Es gab keine Sicherheit für die Landwirte, unsere Gelder hingen in der Luft und es gab keine Klarheit darüber, was genau das EU-Budget finanzieren soll,“ erinnerte Oettinger.
Er warnte weiter, sollte es erneut eine derartige Verzögerung in den Verhandlungen geben, könnten „mehr als 100.000 EU-finanzierte Projekte – in wichtigen Feldern wie Unternehmensförderung, Energieeffizienz, Gesundheitsversorgung, Bildung und soziale Inklusion – nicht pünktlich gestartet werden.“ Außerdem könnten dann „hunderttausende junge Menschen ab 2021 nicht vom Austauschprogramm Erasmus+ profitieren.“
Er machte deutlich, dass es zu spät sei, mit den Gesprächen bis nach den EU-Parlamentswahlen 2019 zu warten.
Die Brexit-Lücke schließen
Seit 2013 hat Großbritannien jährlich Nettobeiträge von durchschnittlich 10 Milliarden Euro für den EU-Haushalt beigesteuert. Es wird daher befürchtet, dass nach dem Brexit Einschnitte im Budget, insbesondere in den beiden größten Feldern Agrar- und Kohäsionspolitik, notwendig werden.
„Es gibt Lücken, die wir schließen müssen. Vor allem werden sich mit dem Brexit neue Lücken ergeben,“ gab Oettinger zu. Er forderte daher: „Wir müssen die Beiträge der Mitgliedstaaten erhöhen und dafür sorgen, dass die Nationalstaaten mit den ihnen zugeteilten Ressourcen flexibel umgehen.“
In einem am Mittwoch veröffentlichten „Reflexionspapier zur Zukunft der EU-Finanzen“ schlägt die Kommission außerdem vor, 25 Milliarden Euro aus dem Budget speziell für die 19 Länder der Eurozone bereitzustellen.
Derweil ist zu erwarten, dass der Europäische Rechnungshof in Luxemburg demnächst dazu aufrufen wird, für den kommenden MFR das Konzept eines „EU-Werts“ aufzustellen, mit dem die Leistungen von Finanzierungsprogrammen bewertet und die Risiken für die EU-Finanzinstrumente und -Garantien eingeschätzt werden können.
Mit diesem Wert-Konzept könnten dann auch die Kosten, Vorzüge und Nettobilanzen der EU-Mitgliedschaft genauer eingeschätzt werden. Der Rechnungshof wird darüber hinaus wohl erneut fordern, alle Behörden, die EU-Maßnahmen umsetzen, überprüfen zu dürfen. Dies würde bisher ausgenommene Institutionen wie die Europäische Verteidigungsagentur, den vorgeschlagenen Europäischen Währungsfonds oder den Europäischen Stabilitätsmechanismus einschließen.
Die ersten Gespräche über den zukünftigen MFR sollen beim nächsten EU-Ratsgipfel am kommenden Freitag (23. Februar) in Brüssel aufgenommen werden. Die EU-Kommission präsentiert ihren offiziellen Budget-Vorschlag am 2. Mai.