Der Erfolg der AfD in Mecklenburg-Vorpommern ist nicht nur mit der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel erklärbar, sondern auch durch alte wirtschaftliche Ängste. Überzeugt vom Programm der Rechtspopulisten sind trotzdem nur wenige ihrer Wähler.
Es ist bereits das zweite Mal, dass die junge AfD aus dem Stand mit einem Ergebnis von mehr als 20 Prozent in ein Landesparlament einzieht. Im März hatte die AfD in Sachsen-Anhalt 24,3 Prozent der Stimmen gewonnen. Und auch in Mecklenburg-Vorpommern wurde die Partei nun zweitstärkste Kraft, errang drei Direktmandate – und um ein Haar auch ein viertes: im Wahlkreis von Angela Merkel, Stralsund.
Rund 180.000 Wähler stimmten am Sonntag für die rechtspopulistische Partei. Darunter sind besonders Menschen im Alter zwischen 30 und 59 Jahren, Arbeiter, Geringverdiener, Selbstständige mit knappem Einkommen – und wesentlich mehr Männer als Frauen.
Partei-Chef Jörg Meuthen schloss, beflügelt von den Zahlen, selbst eine Beteiligung an der künftigen Bundesregierung nicht mehr aus. Parteivize Alexander Gauland sagte im „Deutschlandfunk“, die anderen Parteien könnten von der AfD lernen, „dass man keine Politik machen kann gegen einen großen Teil der Menschen“.
Auffällig war die im Vergleich zu der Wahl vor fünf Jahren um zehn Prozent gestiegene Wahlbeteiligung, die vorrangig der AfD zugute kam. Die Rechtspopulisten konnten nicht nur etliche frühere SPD- und NPD-Wähler gewinnen (jeweils 21.000). Vor allem ehemalige Nichtwähler – 56.000 Menschen – entschieden sich für die AfD.
Viele Nichtwähler mobilisiert
Ce qui était impossible hier est devenu possible : les patriotes de l'AFD balaient le parti de Mme Merkel. Toutes mes félicitations ! MLP
— Marine Le Pen (@MLP_officiel) September 4, 2016
Doch es sind längst nicht nur Patriotismus und die Ablehnung der Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die den Rechtspopulisten ein Jahr nach der Öffnung der Grenzen diesen Zulauf beschert haben. Laut Infratest war für die Hälfte der AfD-Anhänger die Flüchtlingskrise wahlentscheidend – und für 50 Prozent das Thema Arbeitsmarkt. Der Frust der Arbeiter und gesellschaftlichen wie ökonomischen Verlierer ist somit ebenso entscheidend.
Bedrohter Wohlstand
Die AfD, so gaben 90 Prozent der im Nachhinein befragten AfD-Wähler an, sei „die einzige Partei, die die wichtigen Probleme beim Namen nennt“. Das heißt zum einen: 90 Prozent von ihnen lehnen Angela Merkels Flüchtlingspolitik ab (alle Befragte: 51 Prozent) und fürchten eine steigende Kriminalität durch die Flüchtlinge. Bei allen Wählern äußern hingegen weniger als die Hälfte, Angst vor Flüchtlingen zu haben.
Ebenso entscheidend für den Zulauf zur AfD sind zum anderen wirtschaftliche und soziale Ungleichheit: 60 Prozent der AfD-Wähler – von denen sich viele benachteiligt fühlen – meinen, in ihrem Bundesland hätten „nur die wenigsten richtig von der Wende profitiert“. 64 Prozent unter den Wählern der Rechtspopulisten gaben an, ihr Bundesland könne die Flüchtlinge „nicht verkraften“. Der bleibende Wohlstand sei durch den Zuzug von Flüchtlingen bedroht, sind 74 Prozent überzeugt. Bei der gesamten Wählerschaft fürchtet das nicht einmal ein Drittel der Befragten.