Die Vorsitzende des französischen Front National, Marine Le Pen, lud am gestrigen 1. Mai zu einer Veranstaltung in die südfranzösische Stadt Nizza, um die jüngsten Erfolge der europäischen Rechtspopulisten zu feiern und einen Schlachtplan für die Europawahlen im nächsten Jahr auszuarbeiten.
Die Führerin des Front National hofft mit ihrer Partei, nach der Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr gestärkt ins Europäische Parlament zurückzukehren.
Beim Treffen der Parteien des Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) in Nizza gab es jedoch wichtige Ausfälle, die Risse in Le Pens Bemühen um ein großes Bündnis der extremen Rechten Europas offenbarten.
„Europa ist eine gute Idee, aber die Europäische Union tötet sie,“ sagte Le Pen bei der Veranstaltung, an der unter anderem der Generalsekretär der rechtsextremen FPÖ, Harald Vilimsky, teilnahm. Seine Partei ist seit Dezember Teil der österreichischen Regierung. „Die Möglichkeit, eine Mehrheit für eine Veränderung Europas zu erringen, ist nicht weit hergeholt. Es liegt an uns, diesen historischen Sieg aufzubauen,“ forderte Le Pen.
Nach Rückschlägen in Frankreich und den Niederlanden in der ersten Jahreshälfte 2017 hatten euroskeptische Parteien in mehreren Ländern Europas große Zuwächse verzeichnen und Siege feiern können.
In Deutschland hatte die euroskeptische AfD bei den Bundestagswahlen im September fast 13 Prozent der Stimmen erhalten; in Italien könnte die rechtsextreme Lega Teil einer Regierungskoalition werden; und in Ungarn sicherte sich der nationalistische Premier Víktor Orbán im vergangenen Monat mit einem überwältigenden Sieg eine dritte Amtszeit. Orbán und seine Partei stehen den Rechtsaußen-Parteien des ENF zwar ideologisch nahe, sind offiziell aber Mitglieder konservativen Europäischen Volkspartei (EVP).
Lega-Chef Matteo Salvini nahm an der Veranstaltung am Dienstag nicht teil, schickte aber eine Videobotschaft zur Unterstützung. Ein weiterer eingeladener Star der Rechten, der niederländische Anti-Islam-Politiker Geert Wilders, kam ebenfalls nicht. Ein hochrangiger Front-National-Politiker, Nicolas Bay, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, Wilders habe „dringende Dinge zu erledigen, die ihn zwingen, in den Niederlanden zu bleiben“. Unter den Teilnehmern waren darüber hinaus Vertreter des polnischen Kongresses der Neuen Rechten, der tschechischen SPD und der bulgarischen Wolja.
Der Kongress der Neuen Rechten ist eine euroskeptische Kraft, die 2011 von Janusz Korwin-Mikke gegründet wurde, der wiederum 2015 von der Spitze der Partei verdrängt wurde. Die Gruppe wird nun von Stanisław Żółtek, einem Mitglied des Europäischen Parlaments, geführt.
Die tschechische SPD (Freiheit und direkte Demokratie, angeführt von Tomio Okamura) fordert einen EU-Austritt Tschechiens und drängt auf ein Referendum ähnlich der Brexit-Abstimmung im Jahr 2016.
.@tomio_cz : "We, as patriotic parties, defend freedom, sovereignty, equality of all our European peoples, that European Nations created thousands of years ago. We fight against Bruxelles' totalitarism !" #FêteDesNations pic.twitter.com/lMEdBnegQN
— MENF (@menleuropa) May 1, 2018
Die bulgarische Wolja wird vom Geschäftsmann Wesselin Mareschki geleitet, der manchmal auch als „Bulgarischer Trump“ bezeichnet wird. Mareschki besitzt Tankstellen- und Apothekenketten, die Kraftstoff und Medikamente zu Preisen verkaufen, die teils deutlich unter denen der Konkurrenz liegen. Mareschki inszeniert sich selber gerne als Teil der Opposition, unterstützt tatsächlich aber die Regierung von Bojko Borissow.
.@MareshkiVeselin : "Today, the priorities of the Bulgarian presidency are dictated by Bruxelles : open borders, alignment on the American wishes, sanctions against Russia… all against our national interests !" #FêteDesNations pic.twitter.com/KsQE9bB0LV
— MENF (@menleuropa) May 1, 2018
Für Marine Le Pen geht es aktuell darum, sich von der Niederlage gegen Emmanuel Macron bei den französischen Präsidentschaftswahlen im vergangenen Jahr zu erholen. Die FN-Vorsitzende erhielt in der Stichwahl damals knapp 36 Prozent der Stimmen – eine historische Bestleistung für die Partei, mit der Le Pen dennoch hinter den Erwartungen zurückblieb.
Inzwischen scheinen der Front National und seine Führerin Lehren aus dieser Niederlage gezogen zu haben. Ihre vormals radikale Europa-Politik, die viele Wähler abgeschreckt hatte, ist inzwischen weicher geworden: So wurden die unpopulären Vorschläge, die Eurozone zu verlassen und ein Referendum über den Austritt aus der Europäischen Union zu organisieren, fallen gelassen. Stattdessen befürwortet Le Pen nun die Umwandlung der EU in einen „Klub der Nationen“, die unabhängig voneinander arbeiten.