Die Europäische Kommission hat am Mittwoch ihren Haushaltsentwurf für 2021 in Höhe von 166,7 Milliarden Euro vorgestellt. Dieser soll mit rund 344 Milliarden Euro aus dem vorgeschlagenen EU Recovery Fund aufgestockt werden – also fast der Hälfte des „Wiederaufbaufonds“.
„In diesen außergewöhnlichen Zeiten wird mit dem Vorschlag der Europäischen Kommission beispiellose Unterstützung mobilisiert,“ teilte Haushaltskommissar Johannes Hahn in einer schriftlichen Erklärung im Anschluss an die Präsentation des Budgetentwurfs mit.
Der Entwurf für das kommende Jahr enthält auch einen wesentlichen Teil des von der Exekutive im Mai vorgestellten Wirtschaftserholungsprogramms „Next Generation EU“.
Das mit 750 Milliarden Euro ausgestattete Instrument soll von der COVID-19-Krise betroffene Länder und Unternehmen unterstützen, indem auf den Finanzmärkten beschaffte Gelder (wobei der langfristige EU-Haushalt als Garantie dient) entsprechend kanalisiert werden.
Für das Jahr 2021 will die Kommission aus diesem Recovery Fund 211 Milliarden Euro an Zuschüssen und rund 133 Milliarden Euro an Darlehen zusagen. Das Problem dabei ist allerdings, dass die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten sich bisher weder auf den langfristigen EU-Gesamthaushalt noch auf den Umfang oder die Verteilungsschlüssel des Recovery Fund geeinigt haben.
Der gestrige Vorschlag kommt einige Wochen vor dem nächsten Treffen der Staats- und Regierungschefs am 17. und 18. Juli. Bei diesem ersten physischen Treffen seit Ausbruch des Coronavirus sollen die Vorschläge der Kommission diskutiert werden.
Der „Wiederaufbau“ in Zahlen
Der Haushalt 2021 wird das erste EU-Budget nach Austritt des Vereinigten Königreichs sein. Er ist eingebettet in den längerfristigen mehrjährigen Finanzrahmen (MFR). Die Debatte zwischen den Mitgliedstaaten über den MFR soll an die Diskussion über den Recovery Fund gekoppelt werden.
Für die Kommission besteht das Hauptziel des Haushaltsplans für das kommende Jahr darin, die unmittelbaren Folgen der Pandemie anzugehen und dazu beizutragen, die Wirtschaft anzukurbeln. Daher ist der Budgetvorschlag für 2021 überaus ambitioniert, was die Zuweisung von Mitteln aus dem Recovery Fund betrifft.
Der größte Teil der Mittel würde in die sogenannte Aufbau- und Resilienzfazilität fließen. Dies ist das Instrument, das die Kommission vorgeschlagen hat, um Mitgliedstaaten zu unterstützen, die mit der gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Krise infolge des COVID-19-Ausbruchs zu kämpfen haben – und zwar im Gegenzug für Reformen, einschließlich finanzpolitischer Anpassungen.
Gerade die Themen Konditionalität und Governance bleiben für viele Mitgliedsstaaten jedoch nach wie vor umstritten.
Der Haushaltsvorschlag sieht ferner 8,28 Milliarden Euro für das Solvenzhilfeinstrument vor, das ebenfalls Unternehmen unterstützen soll.
Für die Gemeinsame Agrarpolitik (55,2 Milliarden Euro) und die Kohäsionspolitik (47,15 Milliarden Euro) würde weiterhin der Hauptanteil der EU-Mittel aufgewendet werden. Die regionale Entwicklung soll 2021 über den Recovery Fund mit zusätzlichen 42,45 Milliarden Euro gefördert werden.
Der Rest der Recovery-Gelder wird in Forschung und Innovation fließen, sowie in den sogenannten Fonds für einen gerechten Übergang (mit dem wirtschaftliche Ungleichheiten aufgrund der Energiewende abgemildert werden sollen), in das neue Gesundheitsprogramm, das die Kommission vorgeschlagen hat, um sich auf künftige potenzielle Bedrohungen vorzubereiten, und in die Unterstützung von Drittländern, die stark von der Pandemie betroffen sind.
Änderungen vorbehalten
Die EU-Kommission räumte ein, dass die exakten Zahlen je nach dem Ergebnis der Verhandlungen im Europäischen Rat und mit dem Europäischen Parlament angepasst werden müssten.
Man dränge die EU-Staaten daher darauf, sich schnell zu einigen.
Es müsse möglichst bald „eine Einigung über den langfristigen Haushalt und Next Generation EU erzielt und damit ein Signal des europaweiten Vertrauens ausgesendet werden,“ so Haushaltskommissar Hahn.
Bestenfalls könnte dies beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten am 17. und 18. Juli geschehen.
Allerdings steht noch nahezu alles – von der Größe bis zur Verteilung und Verwaltung sowohl des MFR als auch des Recovery Funds – zur Debatte.
Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel, deren Land in der kommenden Woche die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, hat angekündigt, auf eine Einigung noch vor der Sommerpause hinzuarbeiten.
Dass es tatsächlich zu einem schnellen Deal kommt, gilt aber als recht unwahrscheinlich.
[Bearbeitet von Zoran Radosavljevic und Tim Steins]