Die Europäische Kommission hat am Dienstag die Existenz von neuen bilateralen Impfstoffverträgen zwischen einzelnen EU-Ländern und Herstellern dementiert. Eine Beamtin betonte, dies sei im Rahmen des gemeinsamen Beschaffungsabkommens nicht möglich. Allerdings steht diese Aussage in direktem Widerspruch zur Sicht der portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft, die solche Deals vergangene Woche bestätigt hatte.
„Parallele Verträge sind nicht möglich – lesen Sie bitte Artikel sieben der Vereinbarungen,“ sagte Sandra Gallina, stellvertretende Generaldirektorin in der Direktion für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der EU-Kommission.
„Wir sind nicht [über parallele Deals] benachrichtigt worden, und wir haben gute Informationen diesbezüglich,“ versicherte sie gestern den EU-Abgeordneten während einer Sitzung des Umweltausschusses des Europäischen Parlaments.
Bezüglich der „viel zitierten“ Parallelverträgen sagte Gallina weiter, sie habe bislang noch keinen derartigen Deal beobachtet und glaube auch nicht, dass ein solcher Vertrag „jemals das Licht der Welt“ erblicken würde. „Dies ist etwas, das meiner Meinung nach nicht existiert – basierend auf dem, was mir mitgeteilt wurde,“ bekräftigte sie.
Darüber hinaus wies sei darauf hin, dass „der Name der jeweiligen Mitgliedsstaaten auf den Fläschchen steht; und es gibt keine Ersatzfläschchen, die jemand in einem bilateralen Deal kaufen könnte.“
Gegebenenfalls habe es aber „im vergangenen Jahr vorzeitige Abkommen über einen solchen Einkauf“ geben können. In jedem Fall sei es „jetzt ein bisschen zu spät, um herumzulaufen und hier und da Impfdosen zu kaufen“.
Pharma-Unternehmen hätten überdies zugesichert, dass EU-Impfdosen vorrangig behandelt würden.
Nationale Alleingänge
Ihre Kommentare kommen als Reaktion auf die Nachricht, dass Deutschland im Dezember einen derartigen Deal mit Pfizer-Biontech über 30 Millionen zusätzliche Dosen abgeschlossen haben soll. Dies stünde der EU-Verpflichtung zur gemeinsamen Beschaffung von Impfstoffen entgegen. Laut letzterer sollen Anti-COVID-Impfstoffe anteilig an die Mitgliedsstaaten verteilt werden.
Weiter ist anzunehmen, dass weitere Mitgliedsstaaten aktuell versuchen, parallele Vereinbarungen zu treffen. Ganz sicher trifft dies auf Zypern zu, das laut Präsident Nicos Anastasiades derzeit in Kontakt mit Israel steht, um sich zusätzliche Dosen zu sichern.
Dies wurde auch von Marta Temido, der Gesundheitsministerin von Portugal (das aktuell die EU-Ratspräsidentschaft innehat), bestätigt. Sie teilte am vergangenen Freitag mit, einige EU-Länder hätten auf eigene Faust Impfstoffe eingekauft.
Laut der portugiesischen Ministerin wurden diese Nebeneinkäufe auch erst nach den entsprechenden EU-Verhandlungen getätigt.
Die Verteilung der Impfstoffe werde auf EU-Ebene dennoch in Übereinstimmung mit den bestehenden Verträgen weiter durchgeführt: „Die Rolle der Ratspräsidentschaft ist es, sicherzustellen, dass die bestehenden Verträge eingehalten werden.“
Potenzielle bilaterale Deals wurden bereits zuvor heftig kritisiert, da sie die Solidarität innerhalb der EU untergraben und einen „Impfstoff-Nationalismus“ fördern könnten.
Ein Sprecher der Kommission bestätigte am Montag, dass die Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Stella Kyriakides, einen Brief an die EU-Gesundheitsministerien schicken wird, in dem sie diese auffordert, transparent zu machen, wie die Bestimmungen der EU-Impfstoffstrategie eingehalten werden.
Dabei beziehe Kyriakides sich insbesondere auf „Kontakte, oder hoffentlich ausgebliebene Kontakte, mit denjenigen Pharmaunternehmen, mit denen wir verhandelt haben oder aktuell noch verhandeln.“
[Bearbeitet von Gerardo Fortuna, Zoran Radosavljevic und Tim Steins]