Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Dienstag gegen das ungarische Hochschulgesetz entschieden. Mit dem Gesetz war die vom US-amerikanischen Milliardär George Soros finanzierte Central European University (CEU) zum Umzug aus Budapest gedrängt worden. Das Gericht erklärte, das Gesetz verstoße gegen den Grundsatz der akademischen Freiheit sowie gegen die Freiheit, Geschäfte zu tätigen und Dienstleistungen anzubieten.
Die Europäische Kommission hatte Ungarn im Dezember 2017 wegen des Hochschulgesetzes vor Gericht gebracht und argumentiert, das Gesetz schränke den Betrieb sowohl von EU- als auch Nicht-EU-Bildungseinrichtungen unverhältnismäßig stark ein. Es müsse wieder mit dem EU-Recht in Einklang gebracht werden.
Schon vor seiner Verabschiedung hatten Kritiker festgestellt, das Gesetz ziele in erster Linie darauf ab, die Central European University zu verdrängen, die vom amerikanisch-ungarischen Milliardär George Soros finanziert wird. Letzterem wirft die Rechtsaußen-Regierung in Budapest unter anderem vor, Migrationsbewegungen nach Europa zu koordinieren und zu forcieren.
Eine im April 2017 verabschiedete Änderung am bisherigen Hochschulgesetz legte unter anderem fest, dass es bilaterale Abkommen zwischen Ungarn und Ländern außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), geben müsse, damit sich Bildungseinrichtungen aus diesen Ländern in Ungarn niederlassen oder Zweigstellen errichten können. Diese Forderung nach einem internationalen Vertrag verstößt nicht nur gegen die WTO-Handelsregeln, sondern „steht auch im Widerspruch zu den Bestimmungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die sich auf die akademische Freiheit, die Freiheit zur Gründung von Hochschuleinrichtungen und die Freiheit, ein Unternehmen zu betreiben, beziehen“, heißt es im EuGH-Urteil.
Das Gesetz verpflichtete darüber hinaus alle ausländischen Hochschuleinrichtungen (einschließlich Institutionen aus anderen EU-Staaten), ebenfalls Hochschuldienstleistungen in ihrem Herkunftsland zu erbringen, und führte besondere Anforderungen für die Registrierung und Zulassung in Ungarn ein.
Auch diese Anforderungen verstoßen nach Ansicht des EU-Gerichts gegen die WTO-Grundsätze sowie gegen Ungarns „Verpflichtungen in Bezug auf die Niederlassungsfreiheit, den freien Dienstleistungsverkehr“ und Bestimmungen des EU-Grundrechtspakts. Die ungarischen Anforderungen könnten des Weiteren eine Gefahr für die akademischen Aktivitäten ausländischer Universitäten darstellen, da sie die Einrichtungen möglicherweise ihrer „autonomen Infrastruktur“ berauben und damit die Freiheit der Wissenschaft unrechtmäßig einschränken würden.
Von Seiten der ungarischen Behörden gab es heute keinerlei unmittelbare Reaktion auf das Urteil.
Im Oktober 2017 hatte die CEU mitgeteilt, sie erfülle alle Anforderungen des reformierten ungarischen Gesetzes, habe seither aber dennoch keine weitere Betriebsgenehmigung mehr erhalten habe. Die zuständigen Behörden hätten daraufhin lediglich erklärt, dass es „sich um ein Verwaltungsproblem“ handele. Inzwischen hat die Universität einen neuen Hauptcampus in Wien eröffnet, wo der Großteil der Vorlesungen stattfindet.
Soros hatte seinerseits insgesamt 1,75 Milliarden Dollar zugesagt, um ein internationales Netzwerk von Universitäten – das Open Society University Network – mit der CEU als Kernstück, aufzubauen sowie bei den Umzugskosten nach Wien zu helfen.
Der heutige Rechtsspruch ist derweil die jüngste Niederlage der ungarischen Regierung in einer Reihe aufsehenerregender Gerichtsprozesse.
Zuvor hatte das in Luxemburg ansässige Gericht befunden, dass Beschränkungen der ausländischen Finanzierung von NGOs „diskriminierend und ungerechtfertigt“ seien sowie dass Transitzonen, in denen Migranten und Asylsuchende festgehalten werden, Freiheitsberaubung gleichkommen. In letzterem Fall handelten die ungarischen Behörden und schlossen die Zonen.
[Bearbeitet von Zoran Radosavljevic und Tim Steins]