EU-Kommissar erklärt „Migrationskrise“ für beendet

Der für Migration zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos hat die "Migrationskrise" für beendet erklärt. [Shutterstock]

Die sogenannte „Migrationskrise“ in Europa ist vorbei, sagte der EU-Migrationskommissar Avramopoulos am Mittwoch (6. März). Gleichzeitig kritisierte er „Fehlinformationen, Unwahrheiten und Fake News“, die die Migrationsdebatte derart verzerrten, dass das Thema erneut den Europawahlkampf bestimmen könnte.

„Die Krisenzeiten, in denen Hunderttausende auf dem Seeweg nach Italien und Griechenland kamen, liegen hinter uns,“ erklärte Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos gegenüber Reportern am gestrigen Mittwoch. Er fügte hinzu, die Migration in die EU liege inzwischen „wieder auf einem [niedrigen] Niveau, das seit 2013 nicht mehr erreicht wurde“.

Er räumte jedoch ein, dass „die Migration nach wie vor ganz oben auf der politischen Agenda steht und in den Wahlkämpfen in ganz Europa im Vorfeld der Europawahlen weiterhin eine wichtige Rolle spielen wird“.

Aufgrund von „Fehlinformationen, Unwahrheiten und Fake News“ sei es aber „manchmal schwer zu wissen, was tatsächlich passiert, wenn es um Migration in Europa geht“.

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Nach Angaben des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen vom Februar sank die Zahl der Asylanträge im Jahr 2018 auf 634.700, was einem Rückgang von zehn Prozent gegenüber 2017 entspricht. Auf dem Höhepunkt der „Krise“ erreichten die Asylanträge mit 1,4 Millionen bzw. 1,3 Millionen in den Jahren 2015 und 2016 ihren Höhepunkt.

Avramopoulos warnte jedoch, insbesondere Spanien stehe „unter besonderem Migrationsdruck“ und benötige weiterhin Soforthilfe von der EU.

Realität und Wahrnehmung

Doch trotz der sinkenden Zahlen bleibt die Wahrnehmung bestehen, dass die Einwanderungsrate nach Europa hoch ist. Etwa 40 Prozent der Europäer halten Migration für eines der wichtigsten Themen, mit denen die EU aktuell konfrontiert ist, so Eurobarometer-Umfragen.

Derweil stocken die geplante Überarbeitung der Asylpolitik des Blocks und die Beratungen über die umstrittenen Verteilungsquoten zwischen den EU-Mitgliedstaaten seit mehr als einem Jahr.

Das hat die EU-Kommission wiederum dazu veranlasst, neue Partnerschaften mit nordafrikanischen Ländern nach dem Vorbild des Flüchtlingsabkommens mit der Türkei vom Jahr 2015 zu schließen. In dieser Hinsicht sprach Avramopoulos insbesondere Marokko ein Lob aus.

„Es ist klar, dass wir unsere Beziehungen zu Marokko stärken müssen,“ forderte er. Die EU müsse „eine engere und ehrgeizigere Partnerschaft mit Marokko“ entwickeln.

Auf der anderen Seite erklärte ein marokkanischer Beamter gegenüber EURACTIV, Rabat strebe eine „privilegierte Beziehung zur EU“ an. Im vergangenen Herbst einigten sich die EU und Marokko auf ein gemeinsames Programm im Wert von 140 Millionen Euro, das zur Stärkung der Grenzen in Marokko beitragen soll.

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Kritik an Griechenland

Während Avramopoulos der EU insgesamt einen „guten Gesundheitszustand“ attestierte, übte er kaum verschleierte Kritik an der Handhabung der Migration in Griechenland durch die Regierung von Alexis Tsipras.

„Die schlechten Bedingungen und die Überbelegung [in den Camps] auf den griechischen Inseln geben nach wie vor Anlass zu großer Sorge,“ so der Kommissar. Die griechischen Behörden müssten dringend „eine nationale Verwaltungsstrategie einführen“.

Keine Deals mit Afrika

Die EU hat in den vergangenen Monaten (und Jahren) mehrmals versucht, Abkommen zur Migrationskontrolle mit Ländern wie Ägypten und Tunesien abzuschließen. Dies hat die Afrikanische Union hingegen veranlasst, ihre Mitgliedstaaten aufzufordern, dem Druck der EU standzuhalten, damit keine Migrantenlager, „Hot Spots“ oder „Ausschiffungsplattformen“ auf afrikanischem Boden eingerichtet werden.

Migrationskommissar Avramopoulos betonte in dieser Hinsicht: „Europa wird seine Pflicht weiterhin erfüllen müssen. Wir werden die Migration innerhalb Europas besser steuern müssen, und wir müssen in der Lage sein, Sekundärbewegungen oder „Asylshopping“ zu stoppen“. Er forderte die europäischen Regierungen erneut auf, „die Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems abzuschließen“.

Für ihn sei klar: „Was wir brauchen, ist der politische Wille. Wir dürfen uns nicht länger auf Ad-hoc-Maßnahmen verlassen.“

[Bearbeitet von Zoran Radosavljevic]

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