Der Europäische Gerichtshof soll klären, ob das deutsche Kartellamt zu Recht anordnete, dass Facebook gewisse Datenerhebungspraktiken in Deutschland einstellen muss. Grund für die deutsche Anordnung waren angeblicher Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung Facebooks sowie Verstöße gegen das EU-Datenschutzrecht.
Das Bundeskartellamt hatte dem US-Tech-Giganten im Jahr 2019 Beschränkungen für den Austausch von Daten zwischen den firmeneigenen Plattformen Facebook, Instagram und Whatsapp sowie Apps von Drittanbietern auferlegt. Die Behörde argumentierte, das Ausmaß, in dem Facebook Daten ohne Zustimmung der User sammelt und zwischen seinen Diensten teilt, stelle einen Missbrauch seiner Marktmacht dar.
Andreas Mundt, der Präsident des Bundeskartellamts, hatte damals insbesondere die Zusammenführung der Daten von unterschiedlichen Plattformen kritisiert.
Die Entscheidung des Bundeskartellamtes stieß jedoch in einem juristischen Vorverfahren auf Gegenwind: Der Düsseldorfer Oberlandesrichter Jürgen Kühnen erklärte seinerseits, dass die Datennutzung durch Facebook nicht zu einem Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung führe.
Es folgte eine Berufungsklage des Kartellamts vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe, die das Team um Mundt wiederum gewann.
Am gestrigen Mittwoch befasste sich das Düsseldorfer Gericht nun erneut mit der Akte, um ein endgültiges Urteil über die Berufung seitens Facebooks gegen die ursprüngliche Anordnung zu verkünden. Das Gericht kam zu folgendem Ergebnis: „Die Frage, ob Facebook seine marktbeherrschende Stellung als Anbieter auf dem bundesdeutschen Markt für soziale Netzwerke deshalb missbräuchlich ausnutzt, weil es die Daten seiner Nutzer unter Verstoß gegen die DSGVO erhebt und verwendet, kann ohne Anrufung des EuGH nicht entschieden werden,“ heißt es in der entsprechenden Pressemitteilung.
Federführend war dabei erneut Richter Kühnen, der bereits für die vorherige Entscheidung des Düsseldorfer Gerichts verantwortlich zeichnete.
Kühnen bekräftigte gestern die frühere Beurteilung seines Gerichts, entschied aber letztlich, dass eine endgültige Entscheidung vom Europäischen Gerichtshof getroffen werden müsse, da die ursprüngliche Anordnung des Kartellamts auch einen Vorwurf der Verletzung von EU-Recht beinhaltete.
Als Reaktion auf die Nachricht, dass das Verfahren nun an das Luxemburger Gericht übertragen wird, zeigte sich Facebook unbeeindruckt und betonte die Überzeugung, dass die ursprüngliche Anordnung des Kartellamts „fehlerhaft“ gewesen sei. Gleichzeitig gab es Lob für die Einschätzung Kühnens.
„Das Düsseldorfer Gericht hat heute Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anordnung des Bundeskartellamts geäußert und beschlossen, dem Gerichtshof der Europäischen Union die entsprechenden Fragen vorzulegen,“ so ein Facebook-Sprecher gegenüber EURACTIV.com. „Wir glauben, dass die Anordnung des Bundeskartellamtes außerdem gegen europäisches Recht verstößt.“
Das Düsseldorfer Gericht wird in den kommenden Wochen eine formelle schriftliche Eingabe an den EuGH machen und den Fall damit offiziell übergeben.
[Bearbeitet von Zoran Radosavljevic und Tim Steins]