Nach einer schwierigen Anhörung in der vergangenen Woche hat die designierte französische EU-Kommissarin Sylvie Goulard eine letzte Chance, das Europäische Parlament zu überzeugen. Sie muss dazu eine Reihe neuer Fragen schriftlich beantworten oder Ende dieser Woche den Kopf hinhalten. EURACTIV Frankreich berichtet.
Nach einer hitzigen Debatte am Mittwoch, den 2. Oktober, hat der Ausschuss für Binnenmarkt und Industrie des Europäischen Parlaments der französischen Kandidatin für den Binnenmarkt und die Verteidigung einen elfseitigen Fragebogen vorgelegt. Die Zusatzfragen konzentrieren sich auf den Inhalt und ihre bisherigen Aktivitäten.
Sylvie Goulard muss bis heute, den 8. Oktober, antworten, woraufhin der Ausschuss eine zweite Abstimmung durchführen wird. Erreicht sie keine Zweidrittelmehrheit, findet am Donnerstag, den 10. Oktober, eine neue Anhörung statt.
In den schriftlichen Anfragen konzentrierten sich die Abgeordneten erneut auf Goulards frühere Zugehörigkeit zum amerikanischen Think-Tank Berggruen, da die Antworten der Kandidatin in dieser Angelegenheit zu vage gewesen seien. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments sind besonders an der Weitergabe von Informationen an den amerikanischen Arbeitgeber interessiert.
Die Abgeordneten hoben die „starken finanziellen Beziehungen des Gründers zu Wirtschaftsräumen im Wettbewerb mit der Europäischen Union, wie China und Kalifornien“ hervor.
In einer weiteren Frage erkundigten sich die Abgeordneten bei Goulard nach der Tatsache, dass sie die Familie Berggruen mit dem französischen Präsidenten in Kontakt gebracht hatte.
Während der französischen Präsidentschaftskampagne 2017 erhielt Macrons Partei La République en Marche (LREM) eine Spende in Höhe von 4.000 Euro von dem Bruder von Nicolas Berggruen, dem Chef des Think Tanks. Dies geht aus einer E-Mail von den Macron Leaks hervor.
Im Umfeld des Präsidenten haben die Anhänger von François Bayrou bereits darauf hingewiesen, wie schlecht die Idee war, Sylvie Goulard als Kandidatin vorzuschlagen. Sie hatten ethische Gesichtspunkte aufgezeigt, deren Gewicht im Verhältnis zur übermäßigen Anzahl von Mitgliedern und Beratern im Berggruener Think-Tank steht.
Noch heute gehören zu diesen Beratern Jacques Attali, Tony Blair, Carl Bildt, Jacques Delors, Luc Ferry, Pascal Lamy, Alain Minc, Bernard-Henri Levy, Mario Monti, Guy Verhofstadt und Nicolas Sarkozy.
Einer Quelle im Parlament zufolge dürfte die Anhörung von Josep Borrell am Montag, dem 7. Oktober, für den weiteren Verlauf des Verfahrens entscheidend gewesen sein.
Die sozialdemokratische S&D-Fraktion im Europäischen Parlament befürchtete von Anfang an, dass ihr Kandidat, Borrell, abgelehnt würde. Der Grund dafür ist, dass der spanische Kandidat bereits wegen Insiderhandel verurteilt und in Interessenkonflikte verwickelt war.
Borrell erhielt jedoch eine relativ milde Anhörung, ein Zeichen für den Frieden, der zwischen den Vorsitzenden der wichtigsten Parteien vermittelt wurde. Die Fraktionsvorsitzenden scheinen das Beil begraben zu haben, aus Angst, dass das Parlament irgendwann an Glaubwürdigkeit verlieren könnte.
Das ist etwas, das Sylvie Goulard zu Gute kommen sollte.
[Bearbeitet von Sam Morgan und Britta Weppner]