Die EU und die USA müssen sich bei der Bekämpfung des Klimawandels annähern und besser abstimmen, forderte der US-Klimabeauftragte John Kerry am Dienstag in Brüssel. Er bekräftigte damit den Willen der neuen US-Regierung, sich von Donald Trumps vorherigen Maßnahmen abzuwenden.
„Wir haben keine besseren Partner als unsere Freunde hier in Europa in der EU. Es ist wichtig, dass wir uns jetzt zusammentun – was wir heute besprechen werden. Denn kein Land allein kann diese Krise lösen. Jedes einzelne Land wird gebraucht,“ betonte Kerry auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem für den Green Deal zuständigen EU-Kommissionsmitglied Frans Timmermans.
Das kommende Jahrzehnt müsse ein „Jahrzehnt des Handelns“ sein, fügte Kerry hinzu. Die Erfüllung der Verpflichtungen im Pariser Klimaabkommen werde dabei nicht ausreichen, um eine dramatische globale Erwärmung zu vermeiden, warnte er.
Kerry traf sich gestern mit dem Kollegium der EU-Kommission, dem Außenvertreter Josep Borrell und der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die ihrerseits erklärte, es gebe noch sehr viel Arbeit in Sachen Klima zu tun und die EU könne dies nicht allein schaffen. „Es ist daher wunderbar zu wissen, dass wir wieder einen Freund im Weißen Haus haben,“ fügte sie hinzu.
Timmermans betonte ebenfalls die Notwendigkeit, dass die USA und die EU – bekanntermaßen zwei der größten CO2-Emittenten der Welt – im Vorfeld der COP26 im November in Glasgow zusammenarbeiten: „Wir werden Hand in Hand arbeiten, um Glasgow zu einem Erfolg zu machen. Es wird eine große Anstrengung sein, dies zu schaffen. Und es wird eine große Anstrengung sein, andere wichtige Akteure in der Welt zu überzeugen, das Richtige zu tun.“
Gemeinsam könnten die USA und Europa jedoch „Berge versetzen“ und den Wandel hin zu einer Welt vorantreiben, die lebenswert ist und innerhalb der „planetarischen Grenzen“ funktioniert, fügte der Niederländer hinzu.
In einer gemeinsamen Presseerklärung von Dienstagabend hieß es weiter: „Wir fordern alle Länder auf, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um einen Temperaturanstieg von 1,5°C weiterhin möglich zu machen – unter anderem durch Verpflichtungen zu Netto-Null-Emissionen bis 2050, spezifische Netto-Null-Strategien und ehrgeizige national festgelegte Beiträge.“
Man wolle außerdem mit anderen Ländern zusammenarbeiten, „um den Schwächsten der Welt zu helfen, die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen.“
Beziehungen verbessern
Kerrys gestriger Besuch dürfte einen Wendepunkt für die Beziehungen zwischen der EU und den USA in Sachen Klimapolitik markieren. Seit seinem Amtsantritt hat Präsident Biden mehrere Maßnahmen der Trump-Ära rückgängig gemacht und ist dem Pariser Klimaabkommen wieder beigetreten.
Es wird erwartet, dass die USA nun auch ein langfristiges Ziel von Netto-Null-Emissionen bis 2050 bestätigen und bald einen aktualisierten nationalen Beitrag vorlegen werden – spätestens wohl, wenn sie Gastgeber eines Klimagipfels am Tag der Erde (22. April) sind.
Kerry betonte dementsprechend, er sei nach Brüssel gekommen, um die Zusammenarbeit mit Europa beim Klimaschutz zu „erneuern“.
Der Besuch sei eine Botschaft, dass die USA mit mehr Ehrgeiz in die Klimaverhandlungen zurückkehren, kommentierte auch Julian Popow, ehemaliger Umweltminister Bulgariens: „Es ist ein Zeichen, dass die USA aufholen und ihre vierjährige Abwesenheit unter Trump wieder wettmachen wollen.“
Weiterhin bestehende Probleme
Jennifer Tollman vom Think-Tank E3G begrüßte die gestrigen Statements ebenfalls, mahnte jedoch: „Die EU und die USA können der neue Motor für globale Klimaaktionen werden, aber nur, wenn alle an einem Strang ziehen.“ Sie warnte weiter, dass die derzeitige Klimadiplomatie der USA und der EU „nur im Prinzip, nicht aber in der Praxis“ stark aufeinander abgestimmt sei.
Tatsächlich wurden bei der kurzen Pressekonferenz gestern viele grundlegende Probleme, wie der Streit um Nord Stream 2 oder die unklaren Klimabeziehungen zu China, weitgehend übergangen.
Agnese Ruggiero, Policy Officer bei Carbon Market Watch, forderte daher: „Wenn die EU und die USA möglichst bald wirklich kohärente Pläne für mehr Klimaambitionen vorlegen, würden sie damit ein konstruktives Signal an China und andere große Volkswirtschaften senden, die ihre Klimazusagen in letzter Zeit bereits erhöht haben.“
Ruggiero lobte auch die angedachte CO2-Grenzsteuer der EU: „Die bloße Idee eines CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) könnte dazu beitragen, einige weitere Klimazusagen von großen Volkswirtschaften wie Japan und sogar China auszulösen.“
Sie schloss allerdings: „Letztendlich kann [eine solche Abgabe] die globalen diplomatischen Bemühungen nicht ersetzen, um mehr Klimamaßnahmen auf breiter Ebene zu gewährleisten.“
[Bearbeitet von Zoran Radosavljevic und Tim Steins]