„Wir haben eine Chance“, meint der US-Botschafter bei der EU, Anthony Gardner, zum Abschluss der Verhandlungen über TTIP noch unter der Obama-Regierung. Eine Befragung zeigt unterdessen, dass der deutsche Mittelstand das Freihandelsabkommen mehrheitlich ablehnt .
„Wir glauben, wir haben eine Chance, das Abkommen vor dem Ende der Amtszeit der derzeitigen US-Regierung abzuschließen, also vor dem 20. Januar 2017“, sagte Gardner dem „Handelsblatt“. In der jüngsten Verhandlungsrunde seien „signifikante Fortschritte“ erzielt worden.
Es gebe „substanzielle Vorschläge für Bereiche wie geistiges Eigentum, Zoll- und Handelserleichterungen, Arbeit oder Umwelt“, sagte Gardner der Zeitung. Auch bei den umstrittenen Schiedsverfahren zum Investorenschutz sei der neue Vorschlag der EU „ein signifikanter Schritt nach vorne“.
Die EU-Kommission will die nicht-staatlichen, demokratisch nicht legitimierten Schiedsgerichte, die Investitionsschutzklauseln durchsetzen sollen, durch Investitionsgerichte ersetzen. Diese könnten aus einem Gericht erster Instanz und einem Berufungsgericht bestehen. Öffentlich bestellte Richter sollen über Klagen von Investoren gegen Vertragsstaaten entscheiden.
Die Ablehnung des geplanten Handelsabkommens in der Öffentlichkeit erklärt US-Botschafter Gardner mit unzureichender Kommunikation. „Wir müssen hier einen besseren Job machen, indem wir anders über TTIP reden – weniger mit Statistiken, sondern über Beispiele“, sagte er dem „Handelsblatt“.
Sollte ein Abschluss nicht in der Amtszeit von Obama gelingen, bedeutet dies nach Ansicht Gardners keinen Abbruch der Verhandlungen. „Es wäre nicht das ersten Mal in der Geschichte, dass eine Regierung die Freihandelsverhandlungen ihrer Vorgängerregierung übernimmt. Es werde allerdings lange dauern, bis das Thema oben auf der Prioritätenliste der neuen Regierung stehe.
Der Mittelstand profitiert?
TTIP soll nach Aussagen der EU-Kommission und der Deutschen Regierung nicht nur internationalen Konzernen sondern vor allem dem Mittelstand Vorteile bieten. Daran allerdings glauben mehr als 2000 Mittelstandsunternehmen in Deutschland nicht und wenden sich darum als KMU gegen TTIP.
Eine aktuelle repräsentative Mitgliederbefragung des Forschungsinstituts Prognos für den Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) und die Schöpflin Stiftung zeigt nun: Der deutsche Mittelstand lehnt TTIP mehrheitlich ab. „Eher negative“ oder „sehr negative“ Auswirkungen“ befürchten demnach 62 Prozent der 800 Firmen, die sich in der Erhebung geäußert haben.