Die britische Regierung hat am Sonntag Berichte dementiert, wonach die britischen Exporte in die EU im ersten Monat des neuen Handelsabkommens mit Brüssel um zwei Drittel eingebrochen seien.
Untersuchungen des Branchenverbands Road Haulage Association (RHA) ergaben, dass das Exportvolumen im Januar um 68 Prozent gesunken sei – im Vergleich zum Vorjahresmonat, als das Vereinigte Königreich noch Mitglied der EU war.
In Reaktion auf die entsprechend breite Medienberichterstattung am Wochenende gab die britische Regierung eine kurze Erklärung ab. „Wir erkennen diese Zahl nicht an,“ hieß es darin. Weiterhin seien „die Störungen an der Grenze bisher minimal und die Frachtbewegungen trotz der COVID-19-Pandemie jetzt fast auf einem normalen Niveau.“
In einem Brief an Kabinettsminister Michael Gove, der für die Umsetzung der neuen Handelsvereinbarungen verantwortlich ist, betonte die RHA, man habe „wiederholt davor gewarnt, dass es einen Mangel an Klarheit darüber gibt, wie die neuen Vereinbarungen funktionieren werden“.
Im vergangenen Monat teilte die RHA mit, dass eine 12-monatige „Gnadenfrist“ und finanzielle Hilfen erforderlich seien, um Spediteure zu unterstützen, die mit Verzögerungen und zusätzlichen Kosten an den Handelsgrenzen, insbesondere in der Irischen See, konfrontiert sind. Waren, die in Richtung irische Inseln gehen, müssen jetzt Zollkontrollen durchlaufen.
Bevor das Handelsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich an Heiligabend geschlossen wurde, hatte die Industriegruppe darüber hinaus gewarnt, dass wichtige Regelungssysteme und Infrastruktur nicht rechtzeitig bereit sein würden.
Auch diese Behauptung wurde nun vom Kabinettbüro zurückgewiesen. Weiter erklärte die Behörde, die ausgehenden und eingehenden Warenströme seien in allen britischen Häfen mit 95 Prozent im ausgehenden und 96 Prozent im eingehenden Verkehr (im Vergleich zu 2020) praktisch unverändert: „Die Daten des Hafens von Dover bestätigen, dass die Volumina nahezu normal sind.“
Die Regierung von Boris Johnson hat nach eigenen Angaben derweil 705 Millionen Pfund (rund 800 Millionen Euro) für neue Infrastruktur an den Häfen und Grenzübergängen ausgegeben, um den Verkehrsfluss zu erleichtern. Dazu gehören auch 500 zusätzliche Angestellte der Grenzschutzbehörde, um die Einhaltung der neuen Zollverfahren zu gewährleisten.
Die Speditionsbranche und andere haben jedoch von Anlaufschwierigkeiten berichtet. Es gebe Probleme dabei, sich auf die neuen Handelsvereinbarungen zwischen London und Brüssel einzustellen.
Die Fischereiindustrie hat ebenfalls von Verlusten in Höhe von rund einer Million Pfund pro Tag berichtet. Grund sei, dass es Schwierigkeiten und Verzögerungen bei der Bearbeitung von Papieren gab, die ihnen den Export in die EU ermöglichen.
Dies veranlasste die Regierung Johnson, ein zusätzliches finanzielles Unterstützungspaket in Höhe von 23 Millionen Pfund für Fischer anzukündigen.
[Bearbeitet von Frédéric Simon und Tim Steins]