Fast zwei Jahrzehnte nach der NATO-Bombardierung haben die serbischen Behörden eine Untersuchung eingeleitet, um festzustellen, ob damals abgeworfene Bomben mit abgereichertem Uran zu einem Anstieg von Autoimmunerkrankungen in der Region beitragen. EURACTIV Serbien berichtet.
Ziel der Untersuchungen ist es, den Verdacht zu bestätigen oder zu widerlegen, dass die damalige Verwendung von Bomben mit abgereichertem Uran eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit heute darstellt. Insbesondere will man feststellen, ob diese Bomben der Grund für eine Zunahme der Fälle von Autoimmunerkrankungen sein könnten.
Die Arbeiten begannen offiziell am 12. Juni mit der Unterzeichnung einer Absichtserklärung zwischen den Ministerien für Umweltschutz und Gesundheit. Die Ministerien für Verteidigung sowie Bildung, Wissenschaft und technologische Entwicklung werden ebenfalls teilnehmen und haben bereits eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Die ersten Ergebnisse werden allerdings erst in zwei Jahren vorliegen.
Der serbische Umweltminister Goran Trivan betonte, die Forschung werde sich auf abgereichertes Uran sowie auf Stoffe konzentrieren, die beim Beschuss von petrochemischen Anlagen freigesetzt worden seien.
Die Untersuchung wird von vier Gremien geleitet – einem Rat von Forschern aus den Bereichen Medizin, Physik, Biologie und anderen Wissenschaften, einem Koordinierungsgremium, einem Labor und einem Lenkungsausschuss aus Vertretern der involvierten Ministerien.
NATO ist sich sicher: Keine Gesundheitseffekte
Einige Experten erklärten bereits, dass abgereichertes Uran kein tödliches Risiko darstellt. Sie kritisieren, die serbische Öffentlichkeit werde durch Berichte über eine angebliche „Krebsepidemie“ eingeschüchtert, obwohl die Daten keinen besorgniserregenden Anstieg der Krebsinzidenz zeigen.
Inzwischen ist klar, dass während des Krieges 112 Flugkörper mit abgereichertem Uran gestartet wurden – 98 schlugen im Kosovo ein, 13 in Südserbien und einer in Montenegro. Die NATO geht davon aus, dass die Verwendung von abgereichertem Uran während des Kosovo-Konflikts keine dauerhaften Gesundheitsrisiken verursacht hat, teilten Beamte gegenüber dem serbischen Fernsehsender N1 Anfang Mai mit.
Die NATO verwies auch auf einen Bericht des UN-Umweltprogramms von 2001. Dort kommen die Forscher zu dem Schluss, dass die damaligen Zielorte der Bomben mit abgereichertem Uran heutzutage hinsichtlich des Risikos für die menschliche Gesundheit „nicht signifikant“ seien.
Die Folgen der Bombardierung für die menschliche Gesundheit und die Umwelt werden auch im serbischen Parlament diskutiert, das Ende Mai einen Ausschuss eingesetzt hat, um die Folgen der NATO-Bombardierung zu untersuchen. Diese Kommission wird dem Parlament ihren ersten Bericht im Jahr 2020 vorlegen.
Die Serben haben die NATO-Bombardierungen nicht vergessen
Unterdessen scheint die serbische Verbitterung gegenüber der NATO ungebrochen.
Eine Meinungsumfrage des Instituts für Europäische Angelegenheiten Ende März – zum 19. Jahrestag des NATO-Bombardements – ergab, dass 84 Prozent der Bevölkerung gegen eine Mitgliedschaft Serbiens in der NATO sind. 62 Prozent gaben an, sie würden eine Entschuldigung des transatlantischen Bündnisses für die Bombardierung nicht akzeptieren.
Die Luftangriffe auf das ehemalige Jugoslawien, deren Rechtsnachfolger Serbien nach der Abspaltung Montenegros im Jahr 2006 wurde, begannen am 24. März 1999 und dauerten 78 Tage.
Die Bombardierung endete am 10. Juni mit der Annahme der Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates, dem Abzug der jugoslawischen Streitkräfte aus dem Kosovo und dem Einmarsch internationaler Truppen. Serbien beansprucht weiterhin Souveränität über das Kosovo, das vor zehn Jahren seine Unabhängigkeit erklärt hat.