Die neu gewählte italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni kritisierte am Dienstag (25. Oktober) Deutschland für seine unsolidarische Haltung in der Energiekrise.
In einer Rede im Plenarsaal des italienischen Parlaments verteidigte Meloni ihren Verbündeten, den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, und zeigte mit dem Finger auf Deutschland, das gemeinsam mit den Niederlanden einen billigeren Gaspreis für Europa blockiere.
„Sie zitieren immer Orbán, aber ist die Haltung Deutschlands das, was wir Europäismus nennen?“, fragte Meloni die italienische Opposition.
„Ich habe den Eindruck, dass die EU einige Züge verpasst hat, und zwar nicht wegen der ‚Souveränisten‘, die in der EU nicht regieren“, fügte Meloni hinzu.
Am Dienstag erhielt Meloni das „Vertrauen“ der Mehrheit der Abgeordneten, während dasselbe am Mittwoch bei einer Abstimmung im Senat erwartet wird.
Am selben Tag fand in Luxemburg ein weiteres wichtiges Treffen statt, bei dem die EU-Energieminister:innen erneut keinen Kompromiss zur Energiekrise erzielen konnten, da Deutschland und einige andere nördliche Staaten sich nicht auf eine Gaspreisobergrenze einigen konnten.
Auch Budapest lehnt eine Preisobergrenze ab. Außenminister Péter Szijjártó sagte, sie solle nicht einmal für langfristige Gaslieferverträge gelten, die sein Land mit Russland abgeschlossen hat, berichtete die oppositionelle Tageszeitung Népszava.
In Bezug auf die EU betonte sie das Subsidiaritätsprinzip: „Sie [die EU] sollte weniger tun und es besser machen und nicht zu allem ein Wort haben“.
Ihre EU-Rhetorik deckt sich mit der von Orbán, der ihr als einer der ersten zu ihrer neuen Rolle gratulierte.
In Deutschland wird dies jedoch kaum der Fall sein, da die sozialdemokratische Regierung in Berlin die rechtsextreme Meloni nicht an der Macht haben wollte.
In einem Gespräch mit EURACTIV Deutschland vor der italienischen Abstimmung sagte Axel Schäfer, Vorsitzender der deutsch-italienischen Parlamentariergruppe in der Legislative, eine rechtsextreme Regierungschefin in Rom wäre „eine Katastrophe für die Europäische Union“.
Schäfer bezeichnete auch Melonis Verbündeten Silvio Berlusconi als „Steigbügelhalter für einen Postfaschisten“.
Mitte Dezember 2021 versprachen der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und der damalige italienische Ministerpräsident Mario Draghi, einen Aktionsplan zu erarbeiten, um die Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu vertiefen, insbesondere hinsichtlich der Koordinierung auf EU-Ebene.
Trotz der Wahl von Meloni wollen sowohl die SPD als auch die oppositionellen Christdemokraten (CDU), dass dieser Aktionsplan in erster Linie im Interesse der italienischen Gesellschaft weitergeführt wird.
Orbán seinerseits räumte kürzlich ein, dass die deutsch-ungarischen Beziehungen nicht optimal sind, und stellte fest, dass „die politischen Leiter eine Menge zu tun haben, um sicherzustellen, dass die traditionell gute deutsch-ungarische Zusammenarbeit weitergeht“.
„Die ungarische Gesellschaft ist viel pluralistischer, freier und friedlicher als die deutsche Gesellschaft […] In den nächsten zehn bis zwanzig Jahren werden immer mehr Westeuropäer nach Ungarn ziehen, weil Ungarn ein sicheres, christliches Land ist, das stolz auf seine Traditionen ist“, fügte er hinzu.
Die feindseligen Äußerungen Melonis gegenüber Berlin, während sie gestern darauf bestand, dass ihre Regierung ein „verlässlicher“ Partner der Union sei, deuten darauf hin, dass dies womöglich nicht auf alle zutrifft.