Keep calm and invest: Die europäischen NATO-Mitglieder planen für den Trump-Ernstfall

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump (Bild) schockierte die europäischen Verbündeten mit seinen Äußerungen vom vergangenen Wochenende. Er sagte, dass Russland mit den NATO-Mitgliedern, die das Ziel von 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigungsausgaben verfehlen, machen könne, "was auch immer zur Hölle sie wollen." [EPA-EFE/WILL OLIVER]

Die europäischen NATO-Mitglieder wollen den Risiken einer Rückkehr des NATO-skeptischen Donald Trumps ins Amt des US-Präsidenten vorbeugen. Die Bemühungen fokussieren sich dabei vor allem auf Geld und kluge Kommunikation.

Die Aussagen Trumps zur Zukunft der NATO schockierten am vergangenen Wochenende die europäischen Verbündeten der USA.

Trump hatte angekündigt, dass Russland unter seiner Präsidentschaft mit NATO-Mitgliedern, die die Ausgabenziele der Allianz verfehlen, machen könne, „was auch immer zur Hölle sie wollen.“

Im Vorfeld des Treffens der NATO-Verteidigungsminister am Donnerstag (15. Februar) in Brüssel und der Münchner Sicherheitskonferenz am kommenden Wochenende stellt sich nun die Frage, wie die Integrität des Bündnisses vor einem NATO-feindlichen amerikanischen Präsidenten geschützt werden kann.

Mehrere NATO-Diplomaten erklärten, dass eine kontinuierliche Erhöhung der Verteidigungsausgaben dazu beitragen könnte, Trumps Vertrauen zu gewinnen, sollte er im November zum Nachfolger des amtierenden US-Präsidenten Joe Biden gewählt werden.

Schritt 1: Investieren

Der erste Schritt Europas, um die NATO „Trump-sicher“ zu machen, sollte höhere Verteidigungsausgaben beinhalten, „um jeden US-Präsidenten zur Sicherheit des europäischen Kontinents zu verpflichten“, falls dieser erneut eine faire Lastenteilung in Frage stellen sollte, gaben mehrere NATO-Diplomaten an.

Ein erster Schritt in diese Richtung ist getan, wie eine Erklärung von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch zeigte.

Im Jahr 2024 werden 18 von 31 NATO-Mitgliedern mehr als die geforderten 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Verteidigung ausgeben, sagte Stoltenberg. Im Jahr 2022 dagegen waren es nur sieben europäische Mitglieder.

Der Ausgabenanstieg, so Stoltenberg weiter, zeige, dass die europäischen Verbündeten „echte Fortschritte“ machten.

Nach Jahren unzureichender Investitionen im Anschluss an den Kalten Krieg haben die europäischen NATO-Mitglieder in letzter Zeit Schritte unternommen, um ihre Verteidigungsfähigkeit zu verbessern.

Insbesondere nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine besteht nun weitgehender Konsens, dass mehr Verteidigungsausgaben notwendig sind, unabhängig davon, wer der nächste US-Präsident sein wird.

„In der Allianz wird viel über die Planung für den Fall Trump gesprochen […] und darüber, wie man sicherstellen kann, dass ein US-Präsident in die Sicherheit des transatlantischen Raums investiert“, sagte ein hochrangiger NATO-Diplomat. Seine Anmerkungen wurden von anderen bestätigt.

Die Lastenteilung im westlichen Militärbündnis wird auch auf der Tagesordnung des NATO-Gipfels im Juli ganz oben stehen, bestätigten zwei Personen, die mit den Vorbereitungen vertraut sind, gegenüber Euractiv.

Sicherheitsexperten sagen jedoch, dass es den Bemühungen trotz des Gefühls der Dringlichkeit immer noch an Tempo fehlt.

Die Europäer investieren jetzt zwar deutlich mehr als während der Trump-Ära, „aber nicht schnell genug“, sagte Verteidigungsexperte Bruno Lété, der unter anderem eine Gastprofessur für transatlantische Beziehungen am College of Europe innehat.

Das Problem ist, dass „alle es in ihrem eigenen Tempo tun, [trotz] des Gefühls der Dringlichkeit angesichts von Warnungen zu einem möglichen Konflikt mit Russland in den kommenden Jahren“, so Lété gegenüber Euractiv.

Regierungsmitglieder in Polen, Deutschland, Schweden, Dänemark sowie der Chef des NATO-Militärausschusses hatten vor kurzem derartige Befürhctungen geäußert.

Schritt 2: Beruhigen

Ein weiterer Schritt, um Trumps Ego zu zügeln, wäre, „mehr Zeit auf die Tagesordnung zu setzen, um über erhöhte Verteidigungsausgaben und Themen zu sprechen, die der Präsident für wichtig hält“, sagte ein Diplomat gegenüber Euractiv. Dazu gehöre das Thema China.

Die europäischen NATO-Mitglieder haben mehrfach öffentlich erklärt, dass sie weiterhin in die Verteidigung der EU investieren werden: nicht um US-Präsidenten zufriedenzustellen, sondern weil ihre Sicherheit gefährdet ist.

„Ob es Trump gibt oder nicht, wir müssen stärker werden“, sagte die belgische Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder letzte Woche in einem Interview mit Euractiv.

Darüber hinaus wird auch die Wahl des neuen NATO-Chefs eine wichtige Rolle spielen, heißt es aus NATO-Kreisen.

Dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte, der seit mehr als zehn Jahren im Amt ist und der eine produktive Beziehung zu Trump unterhielt, werden gute Chancen eingeräumt.

Nach Ansicht von NATO-Diplomaten könnte er der nächste „Trump-Flüsterer“ sein – ein Begriff, der häufig für den amtierenden Generalsekretär Stoltenberg verwendet wird.

Der Norweger hatte die Medienarbeit strategisch genutzt, insbesondere durch Auftritte in amerikanischen Medien, um für den Wert der NATO zu werben und die amerikanische Führung zu beschwichtigen.

Trumps Schadenspotenzial

Trumps jüngste Äußerungen haben jedoch das Prinzip der Bündnissolidarität in Frage gestellt, gaben mehrere NATO-Diplomaten gegenüber Euractiv an.

„Wir sind uns einig, dass die europäischen Verbündeten mehr für die Verteidigung ausgeben müssen, aber [Trumps] Ausdrucksweise war dieses Mal ziemlich schrecklich“, sagte der erste NATO-Diplomat.

Es sei „schädlich(…), die Verpflichtung [zur gegenseitigen Verteidigung] infrage zu stellen.“

Sollte Trump es ernst meinen, „wäre das das Ende der NATO und der Abschreckung“, so der Diplomat.

Denn die Abschreckung bestehe darin, „dass wir zusammenstehen, dass wir 80.000 US-Truppen in Europa haben und über amerikanische Atomwaffen verfügen“, warnte er.

In Anbetracht dieses Problems „sollten alle ihr Bestes tun, um angesichts der gefährlichsten Sicherheitslage für den kollektiven Westen seit dem Zweiten Weltkrieg vereint zu bleiben“, sagte ein zweiter NATO-Diplomat.

Lété warnte, dass „die größte Bedrohung für die NATO nicht Russland oder China sei, sondern die internen Herausforderungen und die Bewahrung der Einheit.“

Die NATO-Klausel zur gegenseitigen Verteidigung sei der Grund, warum Länder wie Finnland und Schweden nach dem russischen Angriff auf die Ukraine vor zwei Jahren eine Mitgliedschaft anstrebten.

[Bearbeitet von Alexandra Brzozowski/Zoran Radosavljevic]

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