EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat am Mittwoch erneut ein EU-Afrika-Handelsabkommens im Rahmen einer „Partnerschaft auf Augenhöhe“ in Aussicht gestellt. Er unterstrich damit den Plan der EU, das Engagement in Afrika zu stärken. Besonders China hat seinen Einfluss dort in letzter Zeit deutlich ausgeweitet.
In seiner letzten Rede zur Lage der Europäischen Union am gestrigen Mittwoch in Straßburg bezeichnete Juncker Afrika als Europas Partnerkontinent. „Wir müssen deshalb mehr in unsere Partnerschaft mit diesem großen und erhabenen Kontinent und seinen Ländern investieren. Und wir müssen endlich aufhören, ihn nur mit den Augen eines Gebers von Entwicklungshilfe zu betrachten. So zu denken, würde viel zu kurz greifen. Und es wäre demütigend“, so Juncker.
Der Kommissionspräsident erklärte, er und Paul Kagame, der Präsident von Ruanda und Vorsitzende der Afrikanischen Union, seien sich „einig, dass die Zukunft darin liegt, dass wir uns einander gegenseitig verpflichtet fühlen“.
Europa will „eine neue Partnerschaft“ mit Afrika aufbauen.
Sollten seine Versprechungen in konkrete Maßnahmen münden, könnte dies auch Auswirkungen auf ein mögliches Nachfolge-Abkommen zu Cotonou haben. Diese Vereinbarung regelt aktuell noch die Beziehungen der EU zu den Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifikraums (AKP). Es läuft allerdings im Jahr 2020 aus.
Gespräche über einen Cotonou-Nachfolger hätten eigentlich bereits beginnen sollen, wurden aber durch Uneinigkeit auf Seiten der EU-Mitgliedstaaten mit Blick auf die Migrationskrise sowie durch den Wunsch der Afrikanischen Union, ein eigenes Abkommen mit Europa auszuhandeln, bisher verzögert.
„Für die Karibik- und Pazifikstaaten besteht die Gefahr, dass sie außenvorgelassen werden“, merkte ein EU-Beamter gegenüber EURACTIV an. Ein Kommissionsmitarbeiter unterstrich allerdings im Gegenzug, „die AU würde gerne die europäisch-afrikanische Partnerschaft aufwerten. Und ich denke, dass ist ein absolut legitimer Ansatz.“
Freihandelsabkommen mit Afrika?
Ein einem Papier der Kommission, das parallel zu Junckers SOTEU-Rede veröffentlicht wurde, unterstreicht die EU-Exekutive, sie sehe die „langfristige Perspektive im Abschluss eines umfassenden interkontinentalen Freihandelsabkommens zwischen der EU und Afrika.“
In dem Papier wird allerdings auch betont, dass bis dahin die bestehenden Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) sowie die Handels-Deals mit den nordafrikanischen Staaten die „Bausteine“ der Kooperation bleiben sollen.
Bisher wurde allerdings nur ein einziges WPA erfolgreich ratifiziert, nämlich mit den sechs Staaten der Entwicklungsgemeinschaft südliches Afrika (Southern African Development Community, kurz SADC). Viele andere afrikanische Staaten und regionale Kooperationsblöcke kritisieren die aus ihrer Sicht unattraktiven Angebote der Europäer.
Junckers gestrige Statements dürften bei den afrikanischen Staats- und Regierungschefs gut ankommen. Die große Mehrheit von ihnen befürwortet bessere Bedingungen für den Handel mit der EU. Ein afrikaweites Freihandelsabkommen (ACFTA) – das im März gestartet und inzwischen von 49 Staaten unterzeichnet wurde – könnte dabei als Basis für neue Abkommen zwischen den beiden Kontinenten fungieren und die Verhandlungsposition der Afrikaner deutlich verbessern.
Das ACFTA-Abkommen sollte das „Hauptinstrument für ein Freihandelsabkommen mit der EU“ sein, forderte auch der AU-Chefverhandler für die Cotonou-Gespräche, Carlos Lopes. Gegenüber EURACTIV betonte er, dass dies auch im Interesse Europas sei. Er zeigte sich zuversichtlich, dass alle weiteren Staaten Afrikas (mit Ausnahme des isolationistischen Eritrea) bis Januar 2019 ACFTA beigetreten sein werden.
Private Investitionen
Die Kommission hat derweil auch ihre Programme zur Förderung privater Investitionen in Afrika verstärkt. Im Mittelpunkt steht sein vor zwei Jahren aufgelegter Plan für ausländische Investitionen (EIP), über den mehr als 44 Milliarden Euro an öffentlichen und privaten Investments angeregt werden sollen.
Die EU-Exekutive erklärte weiter, bis 2020 werde die EU 35.000 afrikanische Studenten und Forscher im Rahmen ihres Erasmus-Programms unterstützen. Bis 2027 soll diese Zahl auf 105.000 Personen steigen.
Juncker wies in seiner Rede darauf hin, dass die EU für 36 Prozent des gesamten afrikanischen Handels steht – verglichen mit 16 Prozent für China und nur sechs Prozent für die Vereinigten Staaten.
Der wirtschaftliche und politische Einfluss der EU auf dem afrikanischen Kontinent wird inzwischen aber vor allem von China untergraben, dessen Präsident Xi Jinping auf dem Forum für die Zusammenarbeit zwischen China und Afrika Anfang dieses Monats zusätzliche 60 Milliarden US-Dollar an Investitionen in Afrika für die kommenden Jahre versprach.