Die Europäische Union hat eine „sofortige Deeskalation“ der Spannungen im Nahen Osten gefordert, nachdem die US-Regierung neue Sanktionen gegen den Iran ankündigte. Vergangene Woche hatte es bereits eine Reihe von US-Cyberangriffen auf das Land gegeben.
Die neuen amerikanischen Sanktionen sollen vor allem den obersten iranischen Führer Ajatollah Ali Khamenei und seinen Stab treffen. Iranischen Beamten werde damit der Zugang zu „Milliarden von Dollar“ an Finanzanlagen verweigert, teilte US-Finanzminister Steve Mnuchin am Montag mit.
Die Spannungen im Nahen Osten wachsen nach einer Cyber-Offensive der USA gegen Computersysteme, die Raketenwerfer im Iran steuern. Die Angriffe erfolgten als Vergeltungsaktion für den angeblichen Abschuss einer US-Drohne im internationalen Luftraum durch den Iran.
Ein Sprecher des außenpolitischen Amtes der EU rief in Brüssel zu „dringender Zurückhaltung“ auf allen Seiten auf. Man solle „ausschließlich diplomatische Wege zur Beilegung von Differenzen“ beschreiten, sagte der EU-Sprecher gegenüber EURACTIV. Damit verfolgt Europa einen deutlich anderen Ansatz als die aggressivere Strategie der US-Behörden, die Druck auf den Iran ausüben, weil das Land sein Atomprogramm nicht wie gefordert eingeschränkt hat.
Trump: Europäer „machen viel Geld“ im Iran
Unterdessen kritisierte US-Präsident Donald Trump am Sonntag das wirtschaftliche Engagement Europas im Iran. Trump sagte mit Verweis auf den Auto-Handel zwischen Frankreich und dem Iran gegenüber NBC: „Die Europäer gehen da raus und machen viel Geld.“
Der US-Präsident fügte jedoch hinzu, Europa könne durchaus Teil eines zukünftigen Abkommens zwischen den USA und dem Iran sein. „Wir haben großartige Beziehungen zu Europa. Es macht mir nichts aus, wenn Europa in die Mitte tritt. Die Europäer würden sich freuen, wenn ein Abkommen zustande kommt,“ sagte Trump.
Die USA waren in der ersten Jahreshälfte 2018 aus dem Atomabkommen mit Teheran ausgetreten – zum Bedauern vieler Politikerinnen und Politiker in Europa.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warnte damals, der Rückzug der USA aus dem Deal sei „ein schwerer Fehler“ und könne sogar zu einem Krieg führen. Trotz Macrons Warnung zogen sich die USA kurz darauf aus der Vereinbarung zurück und versuchen nun, ein neues, umfassenderes Abkommen zu erzielen.
USA zweifeln an INSTEX
Am Montag traf sich EURACTIV mit Brian Hook, dem US-Sonderbeauftragten für den Iran und Berater von Außenminister Mike Pompeo, der in Bezug auf die Rolle Europas im Iran-Konflikt einen diplomatischen Ton anschlug: „Wir werden diejenigen, die noch im Deal sind, nicht darüber beraten, was ihre Position in Bezug auf den Deal sein sollte. Das ist etwas, was sie mit ihrer eigenen Souveränität entscheiden müssen.“
Der US-Beamte äußerte jedoch Zweifel an Europas Sonderregelung, die es EU-Unternehmen ermöglicht, trotz der Restriktionen der USA mit dem Iran Handel zu treiben. Er erklärte, das sogenannte Instrument zur Unterstützung der Handelsbörsen (INSTEX) sei „noch nicht wirklich in Gang gekommen“.
In diesem Zusammenhang sagte Hook auch, es sei „sehr zweifelhaft, dass der Iran jemals in der Lage sein wird, die finanziellen Transparenzmaßnahmen einzuführen, die es ihm ermöglichen würden, tatsächlich Transaktionen durchführen zu können.“ Das Volumen des Handels mit dem Iran werde dadurch sicherlich eingeschränkt bleiben.
Neues Abkommen mit Teheran
Hook bestätigte auch, dass die Hohe Außenbeauftragte der EU, Federica Mogherini, das Thema Iran während ihres jüngsten Besuchs in Washington mit Außenminister Mike Pompeo erörtert habe. Gegenüber EURACTIV betonte Hook, die USA würden weiterhin einen „regelmäßigen Dialog mit der EU“ führen.
Während Hook sich wohlwollend über die Beteiligung der EU an der laufenden Debatte äußerte, übte er jedoch auch entschieden Druck auf die US-Verbündeten in der ganzen Welt (einschließlich Europa) aus: „Jede Nation, die ein Interesse an der Förderung der regionalen Stabilität hat, sollte dem Iran klar machen, dass seine Drohungen und Gewalt nicht toleriert werden dürfen.“
Er fügte hinzu, die USA würden nun versuchen, ein neues Abkommen auszuarbeiten, das „wirklich umfassend“ ist und sich nicht nur auf das Atomprogramm des Iran beschränkt.
Jede neue Vereinbarung, erklärte Hook mit ironischem Unterton weiter, „muss das Vertrauen und den Frieden und die Sicherheit ansprechen, die der Iran bietet – also das Atomprogramm, das Raketenprogramm, die regionale Aggression des Iran und seine willkürliche Inhaftierung von Bürgern mit doppelter Staatsbürgerschaft“.
Weiterer Dialog zwischen Europa und USA
Die US-Behörden wollen das Thema bei einem Treffen mit Vertretern der sogenannten E3 am 27. Juni in Paris weiter erörtern. Die E3-Gruppe besteht aus europäischen Regierungsvertreterinnen und -vertertern aus Frankreich, Deutschland und dem Vereinigten Königreich – die aktuell alle am Atom-Deal mit Teheran festhalten.
Hook machte am Montag deutlich, der Iran behandele die derzeitigen Mitglieder des Atomabkommens nicht mit dem gebührenden Respekt, und sagte, das Land wende „nukleare Erpressung gegen die verbleibenden Parteien des Abkommens“ an.
Er schloss: „[Der Iran] hat Drohungen ausgesprochen. Wir werden sehen müssen, welche dieser Drohungen sie umsetzen wollen, was sie durchziehen.“
[Bearbeitet von Frédéric Simon]