This article is part of our special report Die Beziehungen zwischen der EU und den AKP-Staaten nach Cotonou: Neustarten oder Aufgeben?.
Wenn es um verstärkte Investitionen in die Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifikraums im Rahmen des Cotonou-Abkommens geht, verspricht die EU gerne viel. Tatsächlich sehen die Europäer sich aber einem harten Wettbewerb mit China gegenüber, das mit mehr Bargeld und weniger Bedenken um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ausgerüstet ist.
Der vor kurzem eingerichtete Treuhandfonds für Afrika und der demnächst erweiterte Europäische Investitionsplan (EIP) sind die jüngsten auf Afrika ausgerichteten Investitionsinstrumente der EU. Der EIP war im Herbst 2016 ins Leben gerufen worden und wird nach Schätzungen der Kommission bis 2020 mehr als 44 Milliarden Euro an Investitionen generieren.
Gerade die Europäische Investitionsbank will eine wichtige Rolle bei der Koordinierung der wachsenden Investments aus der EU spielen. Im Jahr 2017 hatte die Bank allein 400 Millionen Euro in Projekte in Ostafrika investiert. Es sei ein gutes Jahr gewesen, so die EIB-Abteilungsleiterin für die Region, Catherine Collin.
„Das Mandat von Cotonou ist sehr stark auf die Entwicklung des Privatsektors ausgerichtet. Um Wachstum zu haben, braucht man einen Hafen, der funktioniert, man braucht gute Energieversorgung… Also ist es normal, dass wir uns immer noch auf diese traditionellen Infrastrukturprojekte konzentrieren,“ erklärte Collin gegenüber EURACTIV. „Andererseits haben wir inzwischen auch ein Mandat und die Instrumente zur Entwicklung des Privatsektors erhalten. Und in dieser Region gibt es Potenzial,“ ist die EIB-Beamtin sicher.
Mit dem Mandat soll insbesondere der Zugang zu Krediten in Landeswährung für kleine Unternehmen, regionale Private-Equity-Fonds sowie nachrangiges Bankkapital für Banken in der Region ermöglicht werden. Etwa die Hälfte der von der EIB unterstützten Finanzierungen in Afrika fokussieren sich auf kleine und mittlere Unternehmen im Privatsektor.
Allerdings sind die verschiedenen Investitionsinstrumente der EU alle mit politischen Zielsetzungen verknüpft: Das EIP und der Treuhandfonds sind auf langfristige Migrationskontrolle ausgerichtet. Auch eine Steigerung der Energiekapazität und die Industrialisierung der Landwirtschaft sind wichtige Ziele der EU in Afrika
Diese Zielsetzungen werden in einem Cotonou-Nachfolgeabkommen nicht verschwinden, sondern eher noch weiter gefasst werden. Das Verhandlungsmandat der Europäischen Kommission für die Post-Cotonou-Gespräche zielt darauf ab, die Konditionalität und mögliche Sanktionen für Regierungen mit schlechter Menschenrechtsbilanz zu erhöhen.
In der praktischen Umsetzung bedeutet dies, dass keine Gelder an Staaten vergeben werden, die die Menschenrechte verletzen, und eine Rückzahlung der Mittel gefordert wird, wenn schwere Menschenrechtsverletzungen festgestellt werden.
Chinas Unterstützung hat andere Bedingungen
China hat keine vergleichbaren politischen (und auch finanziellen) Beschränkungen wie die EU und ist nicht an langwierig verhandelte Zielsetzungen gebunden. Auch deshalb haben die chinesischen Investitionen auf dem afrikanischen Kontinent die von Europa angebotenen Summen inzwischen deutlich in den Schatten gestellt.
Zu Beginn eines zweitägigen China-Afrika-Gipfels am Montag hatte Präsident Xi weitere 60 Milliarden Dollar (rund 51,6 Milliarden Euro) für neue Entwicklungsfinanzierungen zugesagt. Im Mittelpunkt des Gipfels stand insbesondere das große Infrastrukturprojekt Neue Seidenstraße, mit dem Peking auch seine Rolle in Afrika stärken will.
Das asiatische Land investiert zwar üppig, doch auch seine Projekte sind oft mit Auflagen verbunden, meist in Form von Krediten chinesischer Banken. Peking sieht sich bereits zunehmender Kritik wegen seines stark schulden-basierten Investitionsansatzes gegenüber.
Die Tatsache, dass Chinas Geld im Vergleich zur Finanzierung durch die EU, den IWF, die Weltbank und andere Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen keine politischen Bedingungen hat – sowie die Höhe der Summen – machen Chinas Angebot dennoch attraktiv für viele afrikanische Regierungen.
Europäische Einzelgänge
Einerseits wollen die EU-Staaten in Afrika nicht auf der Strecke bleiben, andererseits fehlen der Union die Mittel, um mit der wirtschaftlichen Großmacht China mitzuhalten. Einige EU-Länder haben nun zusätzliche eigene Initiativen gestartet.
So hatte die deutsche Bundesregierung im vergangenen Jahr während des G20-Gipfels ihre Pläne für einen „Marshall-Plan für Afrika“ skizziert und die europäischen Länder aufgefordert, ihre Investitionen des öffentlichen und privaten Sektors auf dem Kontinent zu erhöhen.
„Wir können Afrika nicht den Chinesen, Russen und Türken überlassen,“ sagte Entwicklungsminister Gerd Müller damals. Er erinnerte auch daran, dass derzeit lediglich rund 1.000 deutsche Firmen in Afrika tätig sind.
Auch das Vereinigte Königreich verstärkt seine Bemühungen und vervierfacht die Finanzierung seines Investitionsprogramms für Asien und Afrika (die Commonwealth Development Corporation, CDC): Von vormals 1,5 Milliarden Pfund auf bald 6 Milliarden (ca. 7 Milliarden Euro). Dabei soll es insbesondere den Auftrag geben, sich auf die ärmsten und riskantesten Investitionsklimas zu konzentrieren. Die CDC ist außerdem gerade dabei, ein neues Büro in Nairobi zu eröffnen.
Dennoch haben viele Menschen in Afrika das Gefühl, die europäischen Versprechungen schon oft gehört haben.
„Viele Nationen haben ‚Jahre des Einsatzes für Afrika‘ ausgerufen, aber am Ende hat man lediglich politische Forderungen auf einem Papier,“ kritisiert Shehu Sani, Vorsitzender des nigerianischen Senatsausschusses für lokale und ausländische Schulden.
Somit scheint klar: Solange Europa nicht in der Lage ist, seine Versprechen mit hartem Cash einzulösen, sollten die EU-Staats- und Regierungschefs nicht überrascht sein, wenn ihre afrikanischen Kollegen sich weiter Richtung China orientieren.