In Zukunft dürfen georgische Staatsbürger ohne Visum in die EU einreisen. Die Visabefreiung ist ein wichtiges Instrument, um die pro-europäischen Kräfte zu stärken. Eine EU-Mitgliedschaft Georgiens ist allerdings nicht in Sicht.
Georgiens Annäherung an den Westen geht weiter. Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des EU-Parlaments hat gestern für die Visafreiheit des Landes gestimmt. Damit bestätigte der Ausschuss eine Vereinbarung zwischen den EU-Mitgliedsländern und dem Plenum des EU-Parlaments.
Zentrales Thema der Verhandlungen war zuvor der sogenannte Aussetzungsmechanismus gewesen. Seitens der EU soll damit gewährleistet werden, dass die Visafreiheit zeitnah und über mehrere Monate hinweg wieder ausgesetzt werden kann – sollte es beispielsweise zu gravierenden Überschreitung der Aufenthaltsdauer oder zu einer drastischen Zunahme von Asylanträgen kommen.
EU-Mitgliedschaft bleibt unwahrscheinlich
Zunächst bedeutet die neue Regelung aber, dass Georgien näher an die EU heranrückt. „Die Visabefreiung für Georgien stellt einen wesentlichen Bestandteil des fortlaufenden Engagements der EU und des europäischen Bekenntnisses zur einer engen Beziehung mit Georgien dar“, so Mariya Gabriel, Mitglied des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des EU-Parlaments.
Eine mögliche Mitgliedschaft in der EU bedeutet dies allerdings noch lange nicht, meint der Osteuropa-Experte Sebastian Schäffer vom SSC Europe. Allerdings sei die Visafreiheit ein wichtiges Instrument um pro-europäische Kräfte in Georgien zu stärken. „Den Zielländern der ÖP (Östlichen Partnerschaft) wird weiterhin keine Perspektive auf eine Mitgliedschaft gegeben, so dass mit der Visafreiheit zumindest ein politischer Erfolg für die pro-europäischen Kräfte im Land zu verbuchen ist“, so Schäffer. „Außenpolitische Erfolge im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik sind momentan begrenzt, somit ist eine positive Entwicklung in der Östlichen Partnerschaft auch im Interesse Brüssels.“
In Moskau dürfte die Annäherung Georgiens an den Westen hingegen kritisch gesehen werden. „Das darf aber nicht verhindern, dass die EU hier bei entsprechender Umsetzung von Reformen auch eine Erleichterung der Einreise ermöglicht“, meint Schäffer. „Ich bin grundsätzlich der Ansicht, dass etwaige Gefahren aus eine Visafreiheit wesentlich geringer sind, als die positiven Effekte für die Bürger Georgiens und der Ukraine.“
„Strategische Region für die EU“
Innenpolitisch ist sowohl die Kaukasus-Region als auch Georgien selbst – trotz der Lage zwischen Russland und der Türkei – einigermaßen stabil. „Außenpolitisch ist die Situation wesentlich fragiler und kann jederzeit durch externe Akteure – insbesondere die Russische Föderation, aber auch die EU – destabilisiert werden“, so Schäffer. „Brüssel muss sich dieser Tatsache bewusst sein. Die regionalen Konflikte können jederzeit wieder aufflammen, wie im Falle des Bergkarabachkonflikts im April 2016.“
Umso wichtiger ist auch in Zukunft eine glaubwürdige und konsequente Politik der EU mit den Ländern der Region. Dieser Meinung ist auch die EU-Abgeordnete Mariya Gabriel: „Der Südkaukasus ist eine strategische Region der EU, mit der es gute Beziehungen zu pflegen gilt.“