Frankreich, Deutschland und Großbritannien haben gestern ein Finanzinstruments eingesetzt, das europäischen Firmen den Handel mit dem Iran ermöglichen soll. Aus Angst vor amerikanischen Sanktionen haben sich bereits viele große Unternehmen aus dem Land zurückgezogen.
Instex lautet der Name der neuen EU-Finanzgesellschaft, die gestern von Deutschland, Frankreich und Großbritannien offiziell gegründet worden ist. Das Instrument soll als Brücke dienen, um trotz angekündigter US-Sanktionen europäischen Unternehmen den Handel mit dem Iran zu ermöglichen.
Ihren Sitz soll die Gesellschaft nach Medienangaben in Frankreich haben und vom ehemaligen Commerzbank-Manager Per Fischer geleitet werden.
Laut einer heute abgegebenen Erklärung der drei Außenminister der Instex-Gründungsstaaten sollen sich ihnen weitere EU-Mitgliedsstaaten anschließen, sobald das Finanzinstrument seine Arbeit aufgenommen hat.
Hintergrund dieser Initiative sind die harten Wirtschaftssanktionen, welche die USA im Mai 2018 wieder gegen den Iran eingeführt hatte.
US-Präsident Donald Trump hatte der Regierung in Teheran vorgeworfen, sich nicht weiter an das 2015 ausgehandelte Atomabkommen zu halten, welches den Iran dazu verpflichtete, keine atomaren Waffen herzustellen. Da die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) keine Anzeichen für eine Verletzung des Abkommens seitens des Iran feststellen konnte, hält die EU weiterhin am Abkommen fest und versucht, die wirtschaftlichen Beziehungen am Leben zu halten.
Aus Furcht vor Konsequenzen für ihr Geschäft in den USA haben sich allerdings bereits zahlreiche Unternehmen aus dem Iran zurückgezogen, so die deutschen Firmen Siemens und Daimler wie auch Peugeot und Renault aus Frankreich.
Auch die Ölgeschäfte mit dem Land sind weitgehend zum Erliegen gekommen. Die USA drohen ebenfalls Banken, die Transaktionen mit dem Iran abwickeln, mit Sanktionen.
Im November vergangenen Jahres war der Iran bereits vom internationalen Transaktionsanbieter SWIFT, der einen Großteil der weltweiten Geldgeschäfte tätigt, abgeschnitten worden. SWIFT ist eine in Belgien ansässige Genossenschaft, die dem EU-Recht unterliegt.
Angesichts der Bedenken, man würde amerikanische Banken als Kunden verlieren, wenn man sich den US-Sanktionen widersetze, beugte sich die Organisation allerdings dem Druck aus dem Weißen Haus.
„Sonst können wir die Kunden in den USA nicht halten“, erklärte SWIFT-Chef Gottfried Leibbrandt im November.
Die nun gegründete Gesellschaft Instex soll den direkten Zahlungsverkehr mit dem Iran umgehen, indem, die Exporte europäischer Firmen mit iranischen Ausfuhren verrechnet werden.
In einer Art Tauschgeschäft soll der Iran für seine Exporte im Gegenzug Waren – anfangs vor allem Lebensmittel-, Medikamenten- und andere Hilfslieferungen – über Instex vermittelt bekommen. Das dürfte sich allerdings nicht auf das wichtige Ölgeschäft auswirken: “Es wird die Lage nicht dramatisch verändern, aber es sendet eine wichtige politische Botschaft an den Iran, dass wir entschlossen sind, das Atomabkommen zu retten – und auch an die USA, um zu zeigen, dass wir unsere Interessen gegen ihre extraterritorialen Sanktionen verteidigen”, so ein EU-Diplomat gegenüber Reuters.
Um sich vom Dollar loszulösen, überlegt der Iran bereits, als erste Nation eine staatlich gestützte Kryptowährung einzuführen.
In den USA wird die neue, europäische Finanzgesellschaft als offener Affront gegenüber der Außenpolitik des Weißen Hauses gesehen.
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini begrüßte dennoch die Einführung von Instex. Sie habe keine Befürchtungen, dass sich die transatlantischen Beziehungen der EU mit den USA verschlechtern würden.
Kritiker bemängeln, dass eine Kooperation mit dem Iran die Beziehungen mit den USA belasten werde. Der Bundesverband der deutschen Industrie begrüßte Instex wiederum.
Die Initiative von Frankreich, Großbritannien und Deutschland sei Ausdruck der Verlässlichkeit der europäischen Partner im internationalen Handel.
#INSTEX setzt falsche Zeichen.Signalisiert dem Regime in #Iran, dass Europa in Handelsfragen hinter ihm steht.Syrien,Raketenprogramm, Geheimdienstaktivitäten.Das sollte zu einer klaren Haltung gegenüber Teheran führen,statt mit einer Handelsgesellschaft positive Signale zu setzen
— Bijan Djir-Sarai (@DjirSarai) January 31, 2019
Um weiterhin eine kritische Gesamthaltung gegenüber dem Iran zu wahren, soll eine gemeinsame Erklärung aller EU-Staaten als offizielle Schlussfolgerung verabschiedet werden. Nachdem diplomatischen Quellen zufolge Italien und Spanien die Erklärung anfangs blockiert hatten, soll nun eine gemeinsame Position gefunden worden sein, berichtet die Nachrichtenagentur AFP.
In der Erklärung bringen die Mitgliedsstaaten laut der Agentur ihre Sorgen gegenüber des iranischen Raketenprogramms zum Ausdruck und bemängeln die Rolle Teherans in Syrien und Jemen.
Editiert von Alexandra Brzozowski