Der Hohe Außenvertreter der EU, Josep Borrell, hat am Dienstag die von US-Präsident Donald Trump am Wochenende geäußerte Idee abgelehnt, Russland zum diesjährigen G7-Treffen in den USA einzuladen. Der EU-Chefdiplomat betonte, die Bedingungen seien nicht erfüllt worden.
„Die G7 kann nicht wieder zur G8 werden […] solange Russland seinen Kurs nicht ändert. Und das ist aktuell nicht der Fall,“ sagte Borrell in Brüssel. Er betonte weiter, dass „die Zusammenarbeit unter gleichgesinnten Partnern wichtiger denn je ist“.
Seine gestrigen Äußerungen folgten auf die Ankündigung von US-Präsident Trump am Samstag, er werde einen G7-Gipfel, den er eigentlich im kommenden Monat ausrichten wollte, auf September oder noch später verschieben sowie gegebenenfalls die Liste der Eingeladenen um Australien, Russland, Südkorea und Indien erweitern.
Trumps Ansicht nach sei das G7-Format der größten Industrienationen „sehr überholt“. Ihm schwebt eher eine „G10 oder G11 gegen G1“ vor: Ein reformierter Club, der vereint gegen China steht.
„Eine Änderung des Formats der G7 ist nicht das Vorrecht des [aktuellen] Vorsitzenden,“ merkte der EU-Diplomat Borrell mit einem Seitenhieb gegen Trump an.
Die EU selbst ist kein Mitglied der G7. Allerdings nehmen die Vorsitzenden von Rat und Kommission als Gäste an den Gipfeltreffen teil.
Sechs andere Staaten skeptisch
Auch die anderen sechs G7-Mitglieder – Frankreich, Deutschland, Italien, das Vereinigte Königreich, Kanada und Japan – stehen der Einbeziehung Russlands überaus skeptisch gegenüber.
Russland war 2014 von Trumps Vorgänger Barack Obama wegen der Annexion der Krim aus der damaligen G8 ausgeschlossen worden. Das Vereinigte Königreich und Kanada hatten sich bereits gegen die Idee einer Wiederaufnahme Russlands ausgesprochen.
„Wir werden uns mit den Einzelheiten dessen, was die USA vorschlagen, befassen. Es ist üblich, dass das Land, das die G7-Präsidentschaft innehat, andere Staats- und Regierungschefs einlädt, als Gäste am Gipfel teilzunehmen,“ räumte ein Sprecher des britischen Premierministers Boris Johnson am Montag ein. Er machte aber auch klar: „Allerdings wurde Russland nach der Annexion der Krim (2014) aus der G7-Nationengruppe ausgeschlossen, und es gibt noch keine Anzeichen für ein verändertes Verhalten, das seine Wiederaufnahme rechtfertigen würde. Wir würden es daher nicht unterstützen, wenn es als Mitglied der Gruppe wieder aufgenommen würde.“
Die Normalisierung der Beziehungen zwischen der EU und Russland hängt mit der Aussöhnung in der Ukraine auf Grundlage der Prinzipien in der Schlussakte von Helsinki von 1975 sowie der Erfüllung der Minsker Vereinbarungen zusammen, bekräftigte Borrell schon vergangene Woche während einer gemeinsamen Sitzung der EU und der UN im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.
Laut Borrell „haben die illegale Annexion der Halbinsel Krim durch Russland und die unerfüllten Verpflichtungen von Minsk zu einer erheblichen Störung […] in den Beziehungen zwischen der EU und Russland geführt“. Und: „Die Unterstützung für die nationale Souveränität und territoriale Integrität wird ein Schlüsselelement der Beziehungen zwischen der EU und ihren östlichen Partnern bleiben.“
Bundestag-Hack und mögliche Sanktionen
Derweil sollen EU-Diplomaten in dieser Woche auch an möglichen Sanktionen gegen die Verantwortlichen für den Cyberangriff auf den Deutschen Bundestag im Jahr 2015 arbeiten. Dies könnte die erste Strafmaßnahme unter dem Cybersanktionsregime der EU werden.
Der Nachfrage, ob die Arbeit an solchen Sanktionen schon im Gange sei und wann mit einer Entscheidung zu rechnen sei, wich Borrell aus. Er erklärte lediglich, er könne „zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Informationen weitergeben“.
Sanktionen müssen vom Europäischen Rat, in dem die 27 EU-Mitgliedstaaten sitzen, einstimmig beschlossen werden.
[Bearbeitet von Tim Steins]