Die EU-Außenminister werden am heutigen Montag in Brüssel über eine Reihe von Themen diskutieren, darunter zum ersten Mal die Militarisierung des Asowschen Meeres zwischen der Ukraine und Russland.
Laut einem Diplomaten wurde das Thema Ukraine auf Drängen Polens auf die Tagesordnung gesetzt. Zunächst sollen vor allem Reaktionen auf die Wahlen in den nach wie vor von Separatisten gehaltenen Gebieten Donezk und Luhansk am 11. November disktutiert werden. Die Wahlen waren von der EU und den USA verurteilt worden.
In diesem Zusammenhang wird erwartet, dass zusätzliche Personen in die bestehende Reiseverbote-Liste aufgenommen werden.
Das zweite Problem ist die Blockade des Asowschen Meeres, die wirtschaftliche Auswirkungen auf die Ukraine hat, so der Diplomat weiter. Angeblich würden aktuell bis zu 200 ukrainische Schiffe in den Häfen von Mariupol und Berdjansk festsitzen. Dies verstoße gegen internationales Schifffahrtsrecht.
Laut den Informationen von ukrainischer Seite folgt aktuell eine Militarisierung des Asowschen Meeres auf den Bau der neuen Brücke in der Straße von Kertsch, die das russische Festland mit der von Moskau annektierten Krim verbindet. Kiew hält den Bau dieser Brücke für rechtswidrig. Auch die EU kritisiert den Bau als einen weiteren Angriff auf die territoriale Integrität der Ukraine.
Nach Angaben der ukrainischen Behörden hat Russland neben der Brücke auch Unterwasserkabel und eine Gasleitung durch die Meerenge verlegt. Solche Maßnahmen stellen nach Ansicht Kiews nicht nur einen Verstoß gegen den maritimen Umweltschutz dar, sondern auch eine effektive Blockade des Schiffsverkehrs durch die Straße von Kertsch. Die ukrainischen Häfen Mariupol und Berdjansk seien dadurch abgeschnitten.
Einschränkung der Schifffahrt und des Handels
Darüber hinaus sieht Kiew die technischen Aspekte der Kertsch-Brücke als Hindernis für die internationale Schifffahrt. Die Brücke ist nur 35 Meter hoch, wodurch Schiffe der Panamax-Klasse daran gehindert werden, die Straße von Kertsch zu passieren. Berichten zufolge wurden solche Großschiffe bisher insbesondere für den Export ukrainischer Metallprodukte und Getreide eingesetzt.
Kiew weist ferner darauf hin, Russland bemühe sich, das Asowsche Meer für ausländische Reeder unattraktiv zu machen, indem „sehr gründliche“ Kontrollen durch die russischen Behörden angekündigt wurden. Gleichzeitig würden Schiffe, die russische Häfen im Asowschen Meer anlaufen, keiner derartigen „Behandlung“ unterzogen.
Bis Ende September habe Russland mehr als 200 Schiffe überprüft, was zu Verzögerungen von bis zu sechs Tagen führte. Unter diesen seien Schiffe aus Österreich, Bulgarien, Kanada, Kroatien, Estland, Deutschland, Griechenland, den Niederlanden, Rumänien, der Schweiz und der Türkei gewesen, berichten die ukrainischen Behörden.
Die ukrainische Seite schätzt, dass die Auslastung ihrer Häfen voraussichtlich um 43 Prozent sinken wird. Bisher sollen 54 Millionen Dollar Schaden durch die russische Blockade entstanden sein. Vor allem der Transport von Roheisen in die USA (etwa 100.000 Tonnen pro Monat) sei nahezu vollständig blockiert, ebenso wie in die Vereinten Arabischen Emirate, nach Saudi-Arabien, Thailand und Taiwan.
Blockade und Militarisierung
Die ukrainische Regierung warnt davor, dass Russland neben der anhaltenden groß angelegten Militarisierung der illegal besetzten Krim begonnen habe, seine militärische Position im Asowschen Meer zu stärken. Die Region war in den Jahren zuvor entmilitarisiert worden. Insbesondere arbeite Moskau an der Komplettierung seiner Asow-Flotte, indem etwa 50 Militär- und Patrouillenschiffen aus dem Kaspischen Meer verlagert würden.
Parallel dazu verstärke Russland seine militärische Präsenz auch auf der Krim und im Schwarzen Meer. So seien neue und modernisierte Waffen und militärische Ausrüstung in die Region verlagert sowie 17 neue Kriegsschiffe in die Schwarzmeerflotte aufgenommen worden, darunter 12 Kriegsschiffe mit den nuklearfähigen Lenkraketen „Kalibr“.
Dieser Schritt könnte es Russland ermöglichen, rund 196 militärische Standorte auf dem Territorium von NATO-Mitgliedsstaaten anzugreifen, warnt Kiew. Darüber hinaus werde das ehemalige sowjetische Lager für Atomsprengköpfe in der Nähe von Feodosija auf der Krim aktuell von Russland wieder aufgestockt.
Im Vorfeld des heutigen Ministertreffens forderte die Ukraine die EU auf, diese „Eskalation“ Russlands zu verurteilen und Sanktionen gegen die russischen Häfen im Asowschen Meer zu verhängen. Außerdem müsse das Mandat der OSZE-Überwachungsmission auf das Asowsche Meer und die Straße von Kertsch ausgedehnt werden.
Auch die NATO solle ihre militärische Präsenz und Aufklärungsarbeit im Schwarzen Meer verstärken.