Der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew hat zum Ende des vergangenen Jahres sein Kabinett umgebaut, einen neuen Außenminister ernannt und dem Außenministerium neue Befugnisse und Verantwortlichkeiten bei der Anwerbung von Auslandsinvestitionen übertragen.
Am 26. Dezember stellte Nasarbajew drei Ministerien um und ernannte via Präsidialerlass neue Minister.
Der Präsident will damit vor allem die wirtschaftsdiplomatischen Fähigkeiten des Außenministeriums stärken: Das Ministerium soll ausländische Investitionen anwerben und die kasachischen Exporte ins Ausland fördern. Zuvor war dafür das – Ende 2018 ebenfalls umgestellte – Ministerium für Investitionen und Entwicklung verantwortlich.
Der Präsident ernannte Beibit Atamqulow zum Außenminister und Nachfolger von Qairat Äbdirachmanow. Letzterer wechsele in eine andere Position, hieß es. Welche dies sei, wurde jedoch nicht mitgeteilt.
Atamqulow, ein ausgebildeter Ingenieur, hat sowohl in der Privatwirtschaft als auch in staatlichen Institutionen gearbeitet und war seit 2006 Diplomat.
Hauptziel: Ausländische Tech-Investitionen
EURACTIV sprach mit dem stellvertretenden Außenminister Roman Wassilenko, der sagte, die Neuordnung des Außenministeriums ziele darauf ab, viel gezielter auf die Gewinnung ausländischer Investitionen und die Förderung kasachischer Exporte ins Ausland hinzuarbeiten.
Er erklärte auch, Atamqulow könne mit seiner „langen, vielfältigen und erfolgreichen“ Karriere in der Privatwirtschaft, in staatlichen Institutionen und im diplomatischen Dienst „neue Energie und neue Visionen“ in die internationalen Bemühungen des Landes einbringen.
Auf Nachfrage, warum der Schwerpunkt der kasachischen Außenpolitik in Zukunft verstärkt auf ausländische Direktinvestitionen gelegt werde, erläuterte Wassilenko, entsprechende Auslandsinvestitionen gingen aktuell weltweit zurück [im Jahr 2017 laut UNCTAD um 23 Prozent]. Die Antwort darauf müsse darin bestehen, sich auf „Qualitätsinvestitionen“ und fortschrittliche Technologien zu konzentrieren.
Er erinnerte daran, dass Kasachstan in seinen 27 Jahren als unabhängiger Staat 300 Milliarden Dollar an ausländischen Direktinvestitionen angezogen habe, der Hauptteil davon allerdings in die Rohstoffindustrie (vor allem Öl und Gas) geflossen sei.
„Wenn wir also versuchen, unsere Wirtschaft weiter zu modernisieren, um unser Ziel zu erreichen, bis 2050 zu den 30 am weitesten entwickelten Ländern zu gehören, müssen wir offensichtluch unsere Anstrengungen verstärken, um ein diversifiziertes Spektrum ausländischer Investitionen und Technologien im Rahmen von Partnerschaften zum gegenseitigen Nutzen anzuziehen, “ so Wassilenko.
Der Diplomat erklärte weiter, die Agrarwirtschaft, die Herstellung von Maschinen, technischer Ausrüstung und Kraftfahrzeugen sowie die Chemie-, Pharma-, Metallurgie- und Bauindustrie gehörten zu den „vorrangigsten Bereichen“ für die Gewinnung von Investoren. Kasachstan könne Investoren in diesen Bereichen erhebliche Vorteile bieten.
Steuerbefreiung für ausländische Konzerne
Zu diesen Vorteilen zählen offenbar auch Steuerbefreiungen: Wassilenko deutete an, es könnten Befreiungen von zehn Jahren auf Körperschaft- und Grundsteuer sowie acht Jahre auf Grundsteuer angeboten werden. Darüber hinaus könnten die Unternehmen auch von einer Investitionszulage profitieren, die in Form einer monetären Erstattung von bis zu 30 Prozent der Bau-, Montage- und Ausrüstungskosten erfolgen würde.
Es bestehe darüber hinaus die Möglichkeit, staatliche Sachleistungen und Zuschüsse in Form von öffentlichem Eigentum zu erhalten – einschließlich einer zeitlich befristeten kostenfreien Landnutzung, erklärte der Minister.
Die Europäische Union ist mit Abstand der größte Handels- und Investitionspartner Kasachstans und macht fast die Hälfte des Außenhandels und der ausländischen Investitionen aus, betonte Wassilenko: „Wir beabsichtigen, die Grundlagen für diese wirtschaftliche Erfolgsgeschichte weiter zu stärken; auch durch das vollständige Inkrafttreten des Abkommens über verstärkte Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen Kasachstan und der EU und ihren Mitgliedstaaten.“
Der Diplomat verwies auch auf die Industriekooperationen mit europäischen Unternehmen wie Alstom (Frankreich), Talgo (Spanien) sowie Knauf und Bayer (Deutschland).
„Immer mehr europäische Investoren erkennen die Möglichkeiten zur Ertragsmaximierung in Kasachstan sowie die Möglichkeiten, in Zentralasien Fuß zu fassen und Zugang zur eurasischen Wirtschaftsunion zu erhalten,“ zeigte Wassilenko sich zuversichtlich.
Kasachstan ist zusammen mit Belarus, Kirgisistan und Armenien Mitglied der von Russland geführten Eurasischen Wirtschaftsunion, einer politischen und wirtschaftlichen Vereinigung von Staaten in Europa und Asien, die sich lose an der EU orientiert.
Wassilenko erklärte weiter, im Hinblick auf das Potenzial für ausländische Investitionen sei vor allem Kasachstans Nähe zu China sowie die Beteiligung des Landes an der Entwicklung der sogenannten „Neuen Seidenstraße“ wichtig. Für letztere hat Astana das Infrastrukturentwicklungsprogramm „Nurly Zhol“ aufgesetzt und die Zusammenarbeit mit China verstärkt.
Nurly Zhol ist ein neun Milliarden Dollar schwerer Konjunkturplan zur Entwicklung und Modernisierung von Straßen, Eisenbahnen, Häfen, IT-Infrastruktur, Bildung und öffentlichen Diensten in Kasachstan.