Sechs EU-Abgeordnete des Ausschusses für internationalen Handel sind zurzeit in Westafrika. Sie sollen die Umsetzung der umstrittenen Abkommen zur wirtschaftlichen Partnerschaft (EPAs) kontrollieren. EURACTIV Brüssel berichtet.
Die sechsköpfige EU-Delegation unter der Leitung von Bernd Lange (S&D) trifft sich noch bis zum morgigen Donnerstag mit Politikern, führenden Unternehmern und der Zivilgesellschaft in Ghana und der Elfenbeinküste. Zum Abschluss ihres Besuchs werden sie in der ghanaischen Hauptstadt Accra eine Pressekonferenz geben.
Noch vor Kurzem hatte Günter Nooke, Afrikabeauftragter der Bundeskanzlerin, harsche Kritik an den EPAs geäußert. Sie seien weder für Europa noch für Afrika eine Erfolgsgeschichte. Außerdem handle es sich bei ihnen weder um Abkommen noch um Partnerschaften. Der Handel zwischen Afrika und der EU sei abgesehen von natürlichen Ressourcen wie Kakao und Kaffeebohnen oder einigem Diamantschneiden in Botswana „nahezu irrelevant“. Nooke ist Teil des deutschen Regierungsteams, das den im Juni anstehenden G20-Gipfel in Hamburg organisiert. Schwerpunkt des Treffens soll Afrika sein.
Obwohl die EU sowohl in absoluten Zahlen als auch in Afrika speziell der weltweit größte Geldgeber ist, gehen die EPAs erst auf das Jahr 2002 zurück. Ihre Anfänge waren jedoch alles andere als einfach. Die Gespräche wurden nicht wie geplant bis 2008 abgeschlossen – Übergangsabkommen mussten her. Diese zogen sich zunächst bis 2014 hin, dann sogar bis zum Oktober 2016.
Die 16 Staats- und Regierungschefs der Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten (ECOWAS) nahmen die EPAs 2014 an. Die Ratifizierung läuft jedoch noch immer. Nigeria und Ghana weigern sich, ihre Unterschrift zu setzen. Letzteres unterzeichnete im August 2016 ein Übergangsabkommen, um nicht seinen privilegierten Zugang zu den EU-Märkten zu verlieren.
Im Rahmen des ersten Lomé-Abkommens der späten 70er Jahre, das 2000 in Cotonou aktualisiert wurde, einigten sich alle 79 Mitglieder der AKP-Staaten (afrikanisch, karibisch, pazifische Staaten) auf einen freien Zugang zum EU-Binnenmarkt – mit der Ausnahme von Waffen. Das Cotonou-Abkommen läuft 2020 aus.
Einer Stellungnahme des Abgeordnetenausschusses zufolge “wird sich [der aktuelle Besuch] vor allem auf die Umsetzung der kürzlich abgeschlossenen Übergangs-EPAs konzentrieren sowie auf die regionale Integration Westafrikas und das Geschäfts- und Investitionsumfeld in den jeweiligen Ländern.“
Noch bevor Langes Team zu seiner Reise aufbrach, hatte der Ausschuss für internationalen Handel eine Studie veröffentlicht. Darin stellte man verschiedene Optionen vor, die EPAs auszusetzen, sollten die AKP-Staaten nach Auslauf des Cotonou-Abkommens gegen Menschenrechte, demokratische Grundsätze oder die Rechtsstaatlichkeit verstoßen.
Die Gespräche über eine Cotonou-Nachfolge machen nur sehr langsam Fortschritte. Beim Treffen in Dakar letztes Jahr taten sich tiefe Kluften auf.
Zu den ECOWAS-Mitgliedern gehören Benin, Burkina Faso, Kap Verde, die Elfenbeinküste, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Liberia, Mali, der Niger, Nigeria, der Senegal, Sierra Leone und Togo. Sowohl der Sudan als auch Äquatorialguinea hatten sich geweigert, das Cotonou-Abkommen von 2000 zu ratifizieren, als 2005 Änderungen die Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofes vorsahen.
Der Europäische Entwicklungsfonds (EEF) zur Unterstützung der AKP-Staaten umfasst derzeit 29,1 Milliarden Euro. Davon gehen 24,3 Milliarden an internationale und regionale Kooperationsprogramme, 3,6 Milliarden an die Zusammenarbeit zwischen den AKP-Ländern und 1,1 Milliarden Euro an die AKP-Investitionsfazilität.