Wahlen im Kongo: Dialog statt Rache

Will Präsident der Demokratischen Republik Kongo werden: Francis Mvemba. [Handout photo]

Die Bürger der Demokratischen Republik Kongo werden am 23. Dezember entscheiden, wer die Nachfolge von Joseph Kabila als Präsident antreten soll. Die Wahlen haben sich bereits um mehr als zwei Jahre verzögert, nachdem Kabila unzulässigerweise versucht hatte, eine weitere Amtszeit anzutreten. Die Wahlen finden auch vor dem Hintergrund von Gewalt durch diverse Milizen in einigen Regionen des Landes statt.

Der Geschäftsmann Francis Mvemba kandidiert für die Präsidentschaft und legte in Brüssel kürzlich seine Vision für die Zukunft des Kongo dar. Er sprach mit Benjamin Fox von EURACTIV.

Sie präsentieren heute Ihr Wahlprogramm für den Kongo in Brüssel. Warum starten Sie Ihre internationale Tour gerade hier?

Der Kongo hat eine gemeinsame Geschichte mit Belgien. Wenn ich meine ersten Medienauftritte in einem anderen Land als Belgien machen würde, würde das angesichts unserer gemeinsamen Geschichte nicht sonderlich viel Sinn ergeben. Ich will an die Anfänge [des heutigen Staates] anknüpfen. Und am Anfang war eben Belgisch-Kongo. Es ist also auch ein Zeichen der Erinnerung an unsere Geschichte.

Glauben Sie, dass Sie eine gewisse internationale Unterstützung erhalten werden?

Jede Unterstützung hilft, aber ich suche natürlich in erster Linie die nationale Unterstützung, die Unterstützung des kongolesischen Volkes. Sie sind diejenigen, die eine Veränderung wollen. Sobald das Volk seinen Willen zur Veränderung bekundet hat, werden wir auch um internationale Unterstützung werben.

Was genau ist Ihre Vision für die Demokratische Republik Kongo?

Meine Vision ist ein starker, geeinter und mächtiger Kongo. Es geht darum, dass junge Kongolesen Zugang zu kostenloser Bildung haben. Und es soll eine staatliche Krankenversicherung geben, von der Geburt bis zum Alter von 18 Jahren; und dann wieder im Alter, wenn man nicht mehr in der Lage ist, zu arbeiten und für sich selbst zu sorgen.

Meine Vision ist es außerdem, in den kommenden Jahren die Selbstversorgung mit Lebensmitteln zu erreichen. Dafür will ich die gesamte lokale Produktion, die Landwirtschaft und die Industrialisierung der Fischerei fördern.

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Wie zuversichtlich sind Sie, dass diese Wahlen frei und fair verlaufen werden? Es gibt immer noch Kämpfe in der Region Kivu; dazu viele Unsicherheiten, auch Streitigkeiten über die elektronischen Wahlautomaten. Wird diese Wahl tatsächlich wie geplant stattfinden? Und wird sie fair sein?

Die Diskussion um die Wahlautomaten ist vorbei. Wir werden mit diesen Geräten abstimmen; so ist es jetzt nun einmal.

Natürlich hoffen alle, dass diese Wahlen frei sein werden. Aber die reinen Hoffnungen eines Kandidaten zählen nicht. Die Frage ist: Wollen die Organisationen, die die Wahlen durchführen, auch, dass sie frei sind? Das glaube ich leider nicht.

Angenommen, Sie gewinnen die Wahlen: Was würden Sie in den ersten 100 Tagen Ihrer Amtszeit tun? Sie würden schließlich ein Land übernehmen, das seit Jahrzehnten äußerst schlecht regiert wurde.

Ich würde alle aufrufen, miteinander zu reden. Ich bin stark dafür, die Menschen zusammenzubringen.

Ich möchte zeigen, dass wir nicht auf Groll, Rache und Abrechnung aus sind. Ich will alle Menschen fragen: „Was können wir alle gemeinsam für den Kongo tun?“ Wir müssen unser Land über alles setzen; unsere eigenen Interessen hintenanstellen und an den Kongo denken.

Was wären Ihre ersten Schritte auf internationaler Ebene?

Als Präsident würde ich unseren Nachbarn Ehre erweisen und mit Respekt begegnen. Ich möchte sie beruhigen und ihnen sagen, dass ich keine schlechten Absichten habe; ihnen zeigen, dass mein Ziel das Wohlergehen meines Landes ist und nicht Abrechnung und Rache. Ich würde deswegen zunächst die Region bereisen, bevor ich nach Europa zu Besuch käme.

Sie haben sich dem Kampf gegen die Korruption und die „Kultur der Straflosigkeit“ verschrieben. Wie würden Sie beispielsweise mit der weit verzweigten Korruption von Seiten der Familie von Präsident Kabila umgehen? Würden Sie sie strafrechtlich verfolgen?

Ich sage es noch einmal: Ich bin nicht hier, um Rechnungen zu begleichen. Was in der Vergangenheit war, ist vorbei. Es geht mir um die Zukunft. Die Alten können ihre Kämpfe unter sich austragen. Ich schaue auf den Kongo von morgen.

Diese Abrechnung, dieses Begleichen alter Rechnungen: Das muss zwischen meinen Vorgängern und den Älteren erfolgen. Sie wissen, was passiert ist. Ich war nicht da, also kann ich die Vorgänge nicht beurteilen. Mein Ziel ist es, dass mein Land Kongo vorankommt.

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Was würden Sie tun, um beispielsweise sicherzustellen, dass die Gewinne der Minengesellschaften im Kongo verbleiben und dass die auf der Basis von Rohstoffen geschaffenen Gelder und Arbeitsplätze auch wirklich dem Kongo zugute kommen?

Es stimmt: Es gibt weitreichende Plünderungen der Ressourcen. Und die Bevölkerung im Kongo profitiert davon nicht. Wir müssen alle diese Rohstoffquellen so regulieren und umstrukturieren, dass sie zunächst dem Kongo als Ganzes zugute kommen und nicht dem persönlichen Gewinn von Einzelpersonen. Wir müssen zu einer transparenten Regierungsführung zurückkehren, bei der der Staat seine Einnahmen, Exporte usw. transparent darlegt. Ohne Transparenz kann der Kongo nicht vorankommen.

Wir brauchen auch neue Fabriken, damit der Wandel im Land stattfinden kann. Wir müssen Mehrwerte schaffen, die die Finanzierung von Bildung und Gesundheit sowie eine bessere Entwicklung des Agrarsektors ermöglichen.

Was die Kobaltminen im Kongo betrifft: Berichte haben gezeigt, dass Minderjährige in ihnen arbeiten. Was sagen Sie dazu?

Ich denke, dass kein Kind arbeiten sollte. Der Platz eines Kindes ist in der Schule, wo es ausgebildet und für die spätere Berufsausübung ausgerüstet werden soll. Schon die Kinder müssen wissen, dass Erwerbsarbeit nicht für sie, sondern für Erwachsene ist; für diejenigen, die bereits ausgebildet worden sind. Wir müssen jedes Unternehmen, das Kinder beschäftigt, aufhalten und rigoros schließen. Der Platz eines Kindes ist in der Schule.

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