Die Zahl der Tuberkulose-Erkrankungen ist laut einer aktuellen WHO-Studie um fast die Hälfte gesunken. Doch um die weltweit tödlichste Infektionskrankheit wirklich auszurotten, braucht es Innovationen und Milliarden von Euro.
Es ist ein Lichtblick in der Entwicklungszusammenarbeit: Die Zahl der Tuberkulose-Erkrankungen ist von 1990 bis 2014 um 42 Prozent auf 9,6 Millionen zurückgegangen. Die Todesfälle um 47 Prozent auf 1,5 Millionen. Das ergeben Zahlen des diesjährigen Tuberkulose-Berichts der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die am Mittwoch veröffentlicht wurden.
Effektive Diagnose- und Behandlungsmethoden hätten seit 2000 rund 43 Millionen Menschenleben gerettet, attestiert die WHO-Studie. „Ich bin überwältigt von der rasanten Entwicklung, die der Kampf gegen Tuberkulose in ihrer Durchschlagskraft und Handlungsfähigkeit unternommen hat“, lobt Mario Raviglione, Programmleiter Tuberkulose bei der WHO.
MDG in allen Welt-Regionen erreicht
Der Kampf gegen Tuberkulose ist Teil der acht Milenniumsentwicklungsziele (MDGs), die Ende des Jahres auslaufen. Das Ziel, die Ausbreitung der Epidemie zu einem Stillstand zu bringen, ist laut WHO in allen Regionen und in 16 von 22 am stärksten gefährdeten Ländern erreicht worden.
Insgesamt hätten sich 2014 rund 9,6 Millionen Menschen mit Tuberkulose infiziert. Davon 5,4 Millionen Männer, 3,2 Millionen Frauen und eine Millionen Kinder. Die Zahl der Neuinfektionen ist zwar höher als in den Jahren zuvor – jedoch nur deshalb, weil dieses Jahr mehr Daten zur Verfügung standen.
Den Erfolgen zum Trotz ist Tuberkulose die tödlichste aller Krankheiten weltweit. Ähnlich gefährlich ist nur der HIV-Virus, dem 2014 1,2 Millionen Menschen zum Opfer fielen. 400.000 dieser Todesfälle gehen dabei auf das Konto von Tuberkulose, dessen Krankheitsbild besonders bei Patienten mit geschwächten Immunsystem auftreten.
2030-Ziel erfordert mehr Ressourcen
Die Weltgemeinschaft hat sich im Zuge der im September in New York beschlossenen „Agenda 2030“ nun das Ziel gesetzt, Tuberkulose bis 2030 auszurotten. Das Entwicklungsziel folgt der „End TB Strategy“, welche die Weltgesundheitsversammlung (WHA) im Mai 2014 ins Leben gerufen hatte. Demnach sollen bis 2030 die Tuberkulose-Todesfälle um 90 Prozent (im Vergleich zu 2015) und die Zahl der Neuerkrankungen um 80 Prozent gesenkt werden.
Laut WHO-Experten Raviglione ist das ehrgeizige Ziel nur dann erreichbar, wenn die Weltgemeinschaft fundamental umdenkt. „Wir müssen unseren Informationsaustausch verbessern und dabei auf innovative Instrumente basierend auf digitale Technologien zurückgreifen“, fordert Raviglione. Solch moderne Instrumente in der Diagnose und im Monitoring existierten bereits. Ihr Einsatz würde dabei helfen, die Tuberkulose-Behandlung benutzerfreundlicher, preiswerter und nachhaltiger zu gestalten, so Raviglione weiter.
Zudem fehlt es laut der WHO-Studie an Geld. Für eine ausreichende Finanzierung der Tuberkulosebekämpfung seien acht Milliarden US-Dollar pro Jahr nötig. Entwicklungs- und Schwellenländer stellen bislang den Löwenanteil von 5,8 Milliarden US-Dollar, die internationalen Geber nur 800 Millionen – damit fehlen pro Jahr insgesamt rund 1,4 Milliarden US-Dollar.
NGO fordert mehr Geld von Bundesregierung
„Deutschland sollte zu seiner internationalen Verantwortung stehen und deutlich mehr Mittel für die Stärkung von Gesundheitssystemen in Entwicklungsländern bereitstellen“, fordert Renate Bähr, Geschäftsführerin der Stiftung Weltbevölkerung.
Derzeit zahlt Deutschland jährlich 200 Millionen Euro in den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria (GFATM) und ist damit bereits der drittgrößte Geber des größten internationale Geldtopfes im Kampf gegen Tuberkulose.
Dennoch fordert die Stiftung Weltbevölkerung eine Aufstockung der bundesdeutschen Mittel in den Fonds. Stiftungschefin Bähr appelliert an die Regierung, „angesichts der deutschen Wirtschaftskraft die Mittel für die erfolgreiche Arbeit des Globalen Fonds auf mindestens 400 Millionen Euro pro Jahr zu erhöhen“.
Der Globale Fonds wird getragen von Regierungen, Privatunternehmen und der Zivilgesellschaft. Er trifft sich im Dezember zu einem Vorbereitungstreffen in Japan. Voraussichtlich im Juni 2016 findet dann die Fünfte Wiederauffüllungskonferenz statt.