Klimawandel: Bremen und Durban kämpfen gemeinsam gegen steigende Meere

Klimaexperte blickt auf das Riverhouse Valley Feuchtgebiet nahe dem uMhlangane-Fluss in Durban, Südafrika. [Freie Hansestadt Bremen / GIZ Landesbüro Bremen]

Dieser Artikel ist Teil des special reports Städte und Regionen vereint für Klimaschutz und Entwicklung

SPECIAL REPORT/ Im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels werden Kommunen zum entscheidenden Akteur der Entwicklungszusammenarbeit – in Deutschland gibt es bereits 50 sogenannter Klimapartnerschaften, Tendenz steigend. Ein Blick an die Küste Südafrikas zeigt: Sowohl Industrieländer als auch die Länder im globalen Süden profitieren.

Der uMhlangane-Fluss in Durban ist ein Sinnbild für das Klimaproblem in afrikanischen Küstenstädten: Wegen vermehrt auftretender Wetterextreme ist das Flusssystem zum Erliegen gekommen, die Biodiversität in den umliegenden Feuchtgebieten hat drastisch abgenommen und die Bevölkerung kämpft mit Armut und Arbeitslosigkeit. Die Stadt will dem Flussgebiet neues Leben einhauchen – auch um sich gegen die Folgen des Klimawandels wie dem steigenden Meeresspiegel und massiven Überschwemmungen zu wappnen.

„Die Bewohner des Flussgebiets hausen in Baracken, sie haben nur beschränkten Zugang zum Gesundheitssystem – Hitzewellen und Überflutungen als Folge des Klimawandels treffen sie schon jetzt besonders hart, ihnen drohen Obdachlosigkeit und verheerende Krankheiten. Ein funktionierendes Feuchtgebiet, dass Wasser speichert und das Klima abkühlt – so etwas kann langfristig Menschenleben retten“, sagt Joanne Douwes von der Stadt Durban.

Durbans Partner bei der Renaturierung des uMhlangane-Gebiets ist jedoch keine Entwicklungshilfe-NGOs, sondern die Stadt Bremen. Seit rund einem Jahr liefert Bremen im Rahmen einer vom Bundesentwicklungsministerium (BMZ) finanzierten Klimapartnerschaft technische Expertise und hilft der Verwaltung in Durban, ihre städtischen Mittel effizienter einzusetzen. Bremer Experten zeigen ihren südafrikanischen Kollegen, mit welchen Geräten man die Wasserqualität im Fluss am besten misst, wie man die Qualität nachhaltig verbessert, wie man nachvollzieht, wer Schadstoffe in den Fluss illegal einleitet und wie man dafür sorgt, dass etwa die umliegende Industrie dem Flusssterben endlich ein Ende setzt.

Bremen sitzt im Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE), Partner von PLATFORMA, dem europäischen Netzwerk lokaler und regionaler Entwicklungsbehörden.

„Wenn es um technisches Know-How geht, können wir von den Bremern enorm viel lernen. Aber der Austausch hilft auch dabei, unsere eigene Arbeit kritisch zu hinterfragen und nach neuen Lösungsansätzen zu suchen“, erklärt Douwes.

Klimaanpassung als Job-Motor

Am uMhlangane-Fluss setzt man auf nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit – das ist etwas, was die Stadt Durban laut Douwes von Bremen gelernt hat. Man habe von Anfang an die Industrie miteinbezogen, denn die lokalen Firmen seien es, die den Fluss langfristig am Leben halten soll – spätestens dann, wenn das Entwicklungsprojekt Ende 2016 ausläuft. Zudem wirken schon jetzt die Anwohner bei den Bagger- und Pflanzarbeiten sowie bei der Bekämpfung gebietsfremder Pflanzen mit. „Wir versuchen den Einsatz von Maschinen zu vermeiden, mehr mit Man-Power zu arbeiten. Möglichst viele Menschen sollen an unserem Projekt mitarbeiten“, meint Douwes.

Die Anpassungsmaßnahmen am uMhlangane-Fluss werden flankiert von Klimatrainings für Bürger und ein verbessertes Abwasser-Management, um Treibhausgase einzusparen. „Die Menschen in Durban sind von den Folgen des Klimawandels deutlich stärker betroffen als wir in Bremen. Wir wollen deshalb die Umsetzung von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und zum Klimaschutz unterstützen“, sagt Ulrike Hiller, Bevollmächtigte der Freien Hansestadt Bremen beim Bund, für Europa und Entwicklungszusammenarbeit.

Die Stadt Bremen bekenne sich damit zu seiner Verantwortung im Rahmen der globalen Klimagerechtigkeit und wolle einen Beitrag zur Umsetzung der weltweiten Entwicklungsziele der Vereinten Nationen leisten, der globalen Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung, sagt Hiller.

Von Durban lernen

Doch mit der Klimapartnerschaft erhofft sich Bremen auch Vorteile für sich selbst. „Durban ist im südlichen Afrika ein Vorreiter, wenn es um Projekte und Konzepte zur Anpassung an den Klimawandel geht. Dieses Thema spielt bei uns erst seit kurzem eine wichtigere Rolle, da wir uns lange Zeit vorrangig mit Klimaschutz und nicht mit Anpassungsmaßnahmen beschäftigt haben“, so Hiller.

Tatsächlich hat sich Durban seit der Ausrichtung der Klimakonferenz COP17 als treibende Kraft in Sachen Klimaanpassung profiliert. Bremen hingegen befürchtet langfristig einen gefährlichen Anstieg des Meeresspiegels, zunehmende Starkregen und die Überhitzung der Stadt im Sommer – Phänomene, mit denen Durban schon länger zu kämpfen hat. Die Partnerschaft ist also eine Win-Win-Situation zugunsten der Bewohner Bremens und Durbans sowie im Interesse des globalen Klimaschutzes.

Müller verspricht Ausbau der kommunalen Entwicklungshilfe

Der Grundgedanke passt zum Credo von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller. Er spricht von „unserer EINEWELT“ – Industrieländer und Entwicklungsländer tragen die gleiche Verantwortung im Kampf gegen den Klimawandel, gegen Armut und Hunger. Und Städte und Regionen seien dabei ein Partner, der praktisches Know-How liefert: „Wir brauchen das Engagement der Kommunen in Deutschland für die Entwicklungszusammenarbeit. Kommunen haben das Wissen, das Können und die man power“, sagte Müller auf der Bundeskonferenz der Kommunalen Entwicklungspolitik im Juni.

Bereits unter der Verantwortung von Ex-Entwicklungsminister Dirk Niebel wurde das Projekt „50 Kommunale Klimapartnerschaften bis 2015“ ins Leben gerufen – die Zusammenarbeit zwischen Bremen und Durban, die das BMZ mit rund 125.000 Euro unterstützt – ist eine davon. Das Ziel wurde erreicht: Bis zum Jahresende sind 50 Städte eine Kooperation mit einer Stadt aus dem globalen Süden eingegangen, um dem Klimawandel die Stirn zu bieten. Doch Müller will künftig noch mehr auf die Kommunen bauen: „Es gibt bereits 400 kommunale Entwicklungsprojekte und Projektpartnerschaften und 50 kommunale Klimapartnerschaften. Das ist zu wenig. Aus 400 wollen wir in den nächsten Jahren mindestens 1.000 machen und ich bin mir sicher, dass wir das schaffen“, so Müller.

Für Jessica Bayer von Engagement Global, der Koordinierungsorganisation der Klimapartnerschaften, sind die Kommunen der wichtigste Akteur in der Entwicklungszusammenarbeit – zumindest wenn es ums Klima geht: „Maßnahmen zur Klimaanpassung, die passieren nun mal in Städten und Regionen.“ Dort liege die Expertise zum Bau von energieeffizienten Gebäuden, dort existierten ganzheitliche Konzepte zum Ausbau erneuerbarer Energien, die oftmals ehrgeiziger seien als das Energiekonzept der Bundesregierung. „Wie wichtig die Städte sind, zeigt die Klimakonferenz COP21 in Paris. Dort sind die Städte mittlerweile Vorreiter.“

Klimapartnerschaft Bremen-Durban: Webseite

Abonnieren Sie unsere Newsletter

Abonnieren