Frankreich drängt auf EU-finanzierte Nuklearprojekte

Frankreich werde "die Idee eines wichtigen Projekts von gemeinsamem Interesse (IPCEI) im Bereich der Atomenergie auf den Tisch legen", sagte der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire (Bild) bei der Veranstaltung. [Union européenne 2023]

Frankreich will mit einigen EU-Staaten ein gemeinsames Atomkraft-Projekt lostreten. Anfang März soll es hierzu ein Treffen von mehreren Staaten geben, die der Atomkraft wohl gesinnt sind.

Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire kündigte das Treffen am Mittwoch (21. Februar) im Rahmen einer Veranstaltung in Paris an, in der die engere Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Bulgarien im Bereich der Atomenergie gefeiert wurde.

Frankreich werde „die Idee eines wichtigen Projekts von gemeinsamem Interesse (IPCEI) im Bereich der Atomenergie auf den Tisch legen“, sagte Le Maire bei der Veranstaltung.

IPCEIs wurden 2014 eingeführt, um strategische Projekte zu unterstützen, an denen mehrere EU-Staaten beteiligt sind. Sie konzentrieren sich in der Regel auf Spitzentechnologien oder -industrien, die für die Zukunft der EU von entscheidender Bedeutung sind. Bei den Projekten wird häufig eine Kombination aus öffentlichen und privaten finanziellen Mitteln genutzt, wobei die EU finanzielle Unterstützung leistet.

Entscheidend ist, dass Projekte mit IPCEI-Status von gelockerten Regeln für staatliche Beihilfen profitieren, sodass die EU-Staaten sie mit der Zustimmung der Wettbewerbsbehörde der Europäischen Kommission finanzieren können.

Die EU-Finanzierung der Atomenergie ist umstritten. Länder wie Österreich lehnen dies kategorisch ab, da sie der Meinung sind, dass der EU-Haushalt nicht für die Finanzierung von Atomprojekten verwendet werden sollte.

Seit die Kommission Anfang Februar bestätigt hat, dass in Kürze eine europäische Industrieallianz für kleine modulare Reaktoren (SMR) ins Leben gerufen werden soll, ist ein IPCEI im Nuklearsektor im Gespräch.

Viele dieser Projekte gibt es bereits in den Bereichen Wasserstoff, Batterien oder Solarenergie. Sie kommen auch nach der Gründung von Industrieallianzen in diesen Bereichen für die Entwicklung auf europäischer Ebene zustande.

„Dies ist wichtig, weil staatliche Beihilfen ein Mittel sind, um das Risiko von Projekten zu verringern und die Finanzierungskosten zu senken“, erklärt Valérie Faudon, Generaldelegierte der französischen Gesellschaft für Kernenergie (SFEN).

Die genauen Bereiche der Zusammenarbeit seien derzeit noch „im Gespräch“, so das Büro von Le Maire gegenüber Euractiv Frankreich. Dazu könnten „Forschungsinfrastrukturen, Brennstoffkreislauf, SMRs [und vieles mehr]“ gehören.

Auf die Frage, ob die Europäische Kommission dafür empfänglich sei, antwortete Le Maire, dass die Diskussionen derzeit nur vorläufiger Natur seien.

Als die EU-Kommissarin für Energie, Kadri Simson, Anfang Februar die Gründung einer Allianz der Nuklearindustrie bestätigte, erklärte sie auch, dass sie bis 2030 die ersten Kernreaktoren in Europa einsetzen wolle.

EU will Europas ersten kleinen Atomreaktor "bis 2030" in Betrieb nehmen

Die Europäische Kommission hat am Dienstag (6. Februar) erklärt, dass sie sich auf kleine Atomreaktoren (SMR) verlässt, um die Klimaziele der EU zu erreichen. Dabei sollen „die ersten Reaktoren bis 2030 in Betrieb genommen werden.“

Le Maire wird den Vorschlag offiziell am 4. März bei einem Treffen der Nuklearallianz vorlegen. Dabei handelt es sich um einen informellen Zusammenschluss von einem Dutzend EU-Staaten, die an der Entwicklung dieser Technologie interessiert sind.

Zusammen mit dem Vereinigten Königreich erklärten die Mitglieder der Allianz im vergangenen Mai, dass sie bis 2050 eine Kernkraftkapazität von 150 Gigawatt für die EU anstreben.

Das Treffen der Nuklearallianz wird am Rande eines Energierates in Brüssel stattfinden, an dem die Minister der 27 EU-Mitgliedstaaten teilnehmen.

Le Maire, dessen Wirtschaftsressort bei der letzten Regierungsumbildung um den Bereich Energie erweitert wurde, wird voraussichtlich mit seinem beigeordneten Minister für Energie und Industrie, Roland Lescure, an dem Treffen teilnehmen.

Bulgariens nukleare Ambitionen

Gleichzeitig unterzeichneten Frankreich und Bulgarien eine Absichtserklärung über eine gemeinsame Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Atomenergie.

Das Dokument wurde am Mittwoch (21. Februar) in Paris vom bulgarischen Energieminister Rumen Radev unterzeichnet, der Teil einer offiziellen Delegation unter Leitung seines Ministerpräsidenten Nikolai Denkov war. Der bulgarische Regierungschef hatte sich zuvor mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron getroffen.

Die bilaterale Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Bulgarien ergebe sich aus der Notwendigkeit der „Energiesicherheit“ und der Verringerung der Abhängigkeit Bulgariens von russischen Energiequellen, so Le Maire.

Dabei verfolgt die Zusammenarbeit das Ziel, den Zugang zu den jeweiligen Nuklearprogrammen der beiden Länder zu fördern. Außerdem soll der Austausch von Industrie- und Beschaffungsprozessen, Sicherheits- und Wartungsvorschriften, Brennstoffversorgung und -management, Forschung und Entwicklung sowie Arbeitskräften erleichtert werden.

„Wir haben die gleichen Vorstellungen von unserer Zukunft, aber auch von unserer Sicherheit und unserer Wettbewerbsfähigkeit“, sagte Radev.

Ende 2022 sicherte sich das Land die Dienste des französischen Kernbrennstofflieferanten Framatome, um bis 2025 von russischen Brennstoffen unabhängig zu werden.

Bulgarien verfügt derzeit über zwei Kernreaktoren in seinem einzigen Kraftwerk, das mehr als 30 Prozent des Strombedarfs des Landes deckt. Für Ende 2023 hat das Land den Bau von zwei weiteren Reaktoren mit dem amerikanischen Unternehmen Westinghouse vereinbart.

Berichten zufolge hat das Land auch die Idee, zwei weitere Reaktoren als Teil eines neuen Kraftwerks zu bauen, nicht aufgegeben, obwohl der ursprüngliche Vertrag mit Russland geschlossen wurde.

„Neben der Atomkraft haben wir auch über eine mögliche Zusammenarbeit im Bereich der Wasserkraft gesprochen. Wie Sie wissen, nehmen Bulgarien und Rumänien ein sehr großes Wasserkraftwerk an der Donau in Betrieb. Wir haben unser Interesse an einer Zusammenarbeit mit Frankreich bei diesem Projekt bekundet“, sagte der bulgarische Minister in Paris.

Französisch-britische Partnerschaft für Atomtechnologie der 4. Generation

Das britische Unternehmen Newcleo und das französische Unternehmen NAAREA wollen eine strategische Partnerschaft eingehen, um die Entwicklung ihrer Atomtechnologien der vierten Generation voranzutreiben. Man wolle damit die europäische Atomallianz ergänzen.

[Bearbeitet von Frédéric Simon/Alice Taylor]

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