Wegen steigender CO2-Emissionen aus der Kohleverstromung verharrt Deutschland im Mittelfeld des weltweiten Klimaschutz-Index der NGO Germanwatch. Der jüngst beschlossene Aktionsplan der Bundesregierung könnte das ändern.
Deutschland ist ausnahmsweise einmal nur Mittelmaß – zumindest in Sachen Klimaschutz. Unter den 58 größten CO2-Emittenten belegt Deutschland nur Platz 22. Verantwortlich dafür ist laut der Entwicklungsorganisation Germanwatch das bisherige Festhalten der Bundesregierung an der Kohleförderung.
„Das sogenannte Energiewende-Dilemma – also der starke Anstieg der Kohleverstromung bei gleichzeitigem Ausbau der Erneuerbaren Energien – zerstört bislang Deutschlands Klimabilanz“, erklärt Jan Burck von Germanwatch. Burck ist Autor des Klimaschutz-Index, den Germanwatch am Montag auf dem Klima-Gipfel in Lima vorstellte.
Germanwatch setzt nun alle Hoffnungen auf das von der Bundesregierung jüngst verabschiedete Klimaschutzpaket, so Burck. Darin vorgesehen ist – neben Maßnahmen zur Energieeffizienz – ein für 2015 geplantes Gesetz zur Verringerung der Kohleverstromung. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel kündigte an, damit 22 Millionen Tonnen CO2 bei fossilen Energien einsparen zu wollen. Vor allem die Kohlekraftwerke dürfte dies treffen.
„Wir müssen unsere Anstrengungen mehr als verdoppeln“, bekräftigte Umweltminister Barbara Hendricks vor wenigen Tagen. „In der Vergangenheit haben wir für den Klimaschutz beziehungsweise zur Erreichung des CO2-Minderungsziels von 40 Prozent tatsächlich nicht genug getan.“
Sollte die Bundesregierung das Gesetz zur Kohlereduzierung verabschieden und das Gesamtprogramm konsequent umsetzen, dann habe Deutschland gute Chancen, im nächsten Klimaschutz-Index wieder einige Plätze zu klettern, prophezeit Burck.
Insgesamt sieht die Umweltorganisation trotz der weltweit weiter wachsenden CO2-Emissionen positive Anzeichen für mehr Klimaschutz. Die Studie verzeichnet eine Entkopplung der CO2-Emissionen, sowohl vom Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) als auch vom steigenden Prima?r-Energieverbrauch. Zugleich würden sich etliche Staaten vom Klimakiller Kohle abwenden und den Ausbau der Erneuerbaren Energien vorantreiben, vor allen Dingen China, der größte CO2-Emittent.
Gemischtes Bild in der EU
An der Spitze des diesjährigen Klimaschutz-Index liegen drei EU-Staaten, in denen unter anderem der Boom bei den Erneuerbaren zu sinkenden Emissionen geführt hat: Dänemark, Schweden und Großbritannien (Plätze 4-6). Da jedoch noch immer kein Land genug tut, um das weltweite Zwei-Grad-Limit nicht zu überschreiten, ließ Germanwatch die Plätze 1 bis 3 unbesetzt.
Doch innerhalb der EU gibt es auch klare Klimasünder: Polen belegt Platz 40, Bulgarien Platz 41 und Estland sogar nur Rang 46. Es ist das Resultat der Widerstandshaltung vieler osteuropäischer Länder gegen eine striktere Klimaschutz-Politik. „Die Klimaziele der EU für 2020 und 2030 reichen nicht aus, um unter dem Zwei-Grad-Limit zu bleiben“, erklärt Wendel Trio, Direktor von CAN Europe.
Die EU muss laut Trio im kommenden Jahr dringend nachbessern, die Subvention für fossile Energien aufgaben, die Energieeffizenz weiter vorantreiben und den EU-Emissionshandel grundlegend reformieren.
Auf den letzten Plätzen des Germanwatch-Rankings liegen auch die Industrienationen Kanada (58) und Australien (60). Sie bilden mit Kasachstan (59) und Saudi-Arabien (61) das Schlussquartett.
Der Klimaschutz-Inidikator setzt sich aus fünfzehn Kriterien zusammen. Sie können untergeordnet werden in die Kategorien „Emissionen“, „Effizienz“, „Erneuerbare Energien“ und „Klimapolitik“.
Germanwatch hofft mit ihrem Index die Klimaverhandlungen in Lima zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Lima ist Wegbereiter für den entscheidenden Gipfel 2015 in Paris. Dort soll ein Nachfolgevertrag für das Kyoto-Protokoll mit verbindlichen Klimazielen für alle 194 Mitgliedsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention vereinbart werden.
„Die Kohle kommt weltweit unter Druck“, meint Jan Burck. „Jetzt kommt es darauf an, dass der Klimagipfel von Paris 2015 ein klares Signal an Investoren, Nationalstaaten und Bürger sendet – anders als das schwache Ergebnis der Klimakonferenz in Kopenhagen 2009.“