Acht Monate lang wurde verhandelt, einmal wurde das Ergebnis vertagt, am Wochenende hat die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung, kurz „Kohlekommission“, ihren Abschlussbericht vorgestellt. Was steht darin?
Für Deutschland als hoch technisiertes Industrieland mit langer Kohletradition stellt der Ausstieg aus eben jeder Energiequelle eine besondere Herausforderung dar, heißt es in der Einleitung des Abschlussberichtes der Kohlekommission. Wenn es hier gelingt, den Strukturwandelprozesse zusammen mit Klimaschutz und Arbeitsplatzerhalt zu verbinden, „ kann die Energiewende […] beispielgebend für andere Länder sein.“ Worauf hat sich das 28-köpfigen Gremium, in dem Vertreter aus Industrie, Gewerkschaften, Umweltverbänden und Wissenschaft sitzen, nun geeinigt?
- Kohleausstieg 2038 – vielleicht auch schon vorher:
Spätestens zum Jahr 2038 soll das letzte Braunkohlekraftwerk schließen. Sollten es die Versorgungssicherheit und die Wirtschaft erlauben, ist auch ein Ausstieg zum Jahr 2035 möglich. Dazu soll der Fortschritt in den Jahren 2023, 2026 und 2029 überprüft werden. Die derzeitige totale Kapazität der Kohlekraftwerke beträgt etwas über 45 Gigawatt. Als Zwischenziel für 2022 formuliert der Bericht, dass bis dahin Leistung in Höhe von 12,5 Gigawatt abgeschaltet werden muss, das entspricht etwa 24 größeren Kohleblöcken. Im Jahr 2030 dürfen dann nur nur neun Gigawatt Braunkohle am Netz sein. - Strukturwandel
Die Kohleländer Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt sollen weitreichende Hilfe beim Umbau ihrer Industrie erhalten. Jährlich werden dafür 1,3 Milliarden Euro veranschlagt, über 20 Jahre lang. Dazu sollen jährlich 700 Millionen Euro in nicht projektegebundene Ausgaben fließen. Wie genau die regionale Wirtschaft finanziert werden soll, wird in einem Eckpunkteplan festgehalten, der bis Ende April stehen soll. Darin wird festgehalten, wie in Infrastruktur, Behörden und Forschung investiert wird. Zur Verbesserung des Verkehrs soll außerdem ein ein „Sonderfinanzierungsprogramm“ 1,5 Milliarden Euro beisteuern, die bereits im Bundeshaushalt bis 2021 eingeplant sind. - Entlastung bei Strompreisen
Mit weiteren zwei Milliarden Euro pro Jahr soll der Bund Privatleute und Unternehmen ab 2023 von steigenden Strompreisen entlasten. Die Strompreiskompensation für energieintensive Unternehmen soll bis 2030 fortbestehen. - Arbeitsplätze
Die Kohlekommission schätzt, dass 60.000 Arbeitsplätze direkt und indirekt an der Braunkohle hängen. Für alle Arbeitnehmer, die über 58 Jahre als sind, soll es ein Anpassungsgeld und einen Ausgleich von Renten-Einbußen geben. Bund und Unternehmen soll das bis zu fünf Milliarden kosten. Für jüngere Arbeiter soll es passende Aus- und Weiterbildungen geben.
Der Bericht der Kohlekommission dient lediglich als Vorschlag für die Bundesregierung, entsprechende Gesetze für den Kohleausstieg zu erlassen. Verbindlich sind sie nicht. In diesem Jahr plant die Bundesregierung dazu, ein Klimaschutzgesetz auf den Weg zu bringen, das erstmals CO2-Emmissionsziele für einzelne Wirtschaftssektoren formulieren soll (ähnliche Gesetze existieren bereits in einer Handvoll anderer EU-Länder). Deutschland, das seine selbst gesteckten Klimaziele für das Jahr 2020 nicht erreichen wird, muss nun handeln, wenn es die Energiewende wie geplant in den kommenden Jahren schaffen will. So soll das letzte deutsche Kernkraftwerk bereits 2022 abgeschaltet werden. Insgesamt soll der Ausstoß an Kohlendioxid im Jahr 2050 um 80 bis 95 Prozent unter dem Wert von 1990 liegen.