Der Green Deal der EU-Kommission sollte im Mittelpunkt der wirtschaftlichen Aufbaustrategien nach der Coronavirus-Krise stehen, fordern die Umweltministerien von 13 EU-Staaten in einem gemeinsamen Aufruf. Das EU-Parlament zog am Montag mit einer ähnlichen Initiative nach.
Der Green Deal „muss für eine nachhaltige Erholung nach der COVID-19-Krise von zentraler Bedeutung sein“, schrieben mehrere EU-UmweltministerInnen in einem Meinungsbeitrag, der vergangene Woche auf der Website Climate Home News veröffentlicht wurde.
„Der Green Deal bietet uns einen Fahrplan, um die richtigen Entscheidungen bei der Reaktion auf diese Wirtschaftskrise zu treffen und gleichzeitig Europa in eine nachhaltige und klimaneutrale Wirtschaft umzuwandeln,“ schreiben die PolitikerInnen in ihrem Kommentarbeitrag. Man solle „den Versuchungen kurzfristiger Lösungen als Antwort auf die gegenwärtige Krise widerstehen“, da diese die Gefahr bergen, „dass die EU für Jahrzehnte in einer Wirtschaft auf Basis fossiler Brennstoffe gefangen bleibt“.
Der Artikel war am Donnerstag vergangener Woche online gegangen und zunächst von den UmweltministerInnen aus zehn EU-Ländern unterzeichnet worden: Österreich, Dänemark, Finnland, Italien, Lettland, Luxemburg, den Niederlanden, Portugal, Spanien und Schweden.
Am Freitag schloss sich dann die Französin Elisabeth Borne an. Bundesumweltministerin Svenja Schulze teilte ebenfalls am Freitag per Twitter mit, es habe offenbar zunächst ein Kommunikationsproblem gegeben; auch sie habe nun aber unterschrieben. „Der europäische Green Deal muss im Mittelpunkt unserer harten Arbeit stehen, wieder eine widerstandsfähige europäische Wirtschaft aufzubauen,“ so Schulze.
Griechenlands Umweltminister Kostas Hatzidakis unterzeichnete den Artikel ebenfalls nachträglich.
EU-Parlament zieht nach
Am Montag zog dann das Europäische Parlament nach: Die „Green Recovery Alliance“ wurde gestern auf Initiative des französischen liberalen Europaabgeordneten Pascal Canfin ins Leben gerufen. Canfin hat den Vorsitz im Ausschuss für Umwelt und öffentliche Gesundheit des EU-Parlaments inne.
Zusätzlich zu 79 Europaabgeordneten aus dem gesamten politischen Spektrum bringt die Allianz auch zivilgesellschaftliche und privatwirtschaftliche Akteure zusammen, darunter 37 CEOs, 28 Wirtschaftsverbände, den Europäischen Gewerkschaftsbund, sieben NGOs und sechs Think-Tanks.
Die Unterzeichnenden erklären, sie verpflichteten sich zur Unterstützung von „Transformationsplänen“ nach der Pandemie. Diese Zukunftspläne sollten den Kampf gegen den Klimawandel und gegen den Verlust der Biodiversität in den Mittelpunkt der europäischen Wirtschaftspolitik stellen.
We are launching today at my initiative the European alliance for a green recovery with 180 ministers, MEPs, CEOs, NGOs & Trade Unions. We will come out of this historic crisis stronger : https://t.co/A3ArY0N3Zy#greenrecovery #Covid-19 https://t.co/GtCYIZwfim
— Pascal Canfin (@pcanfin) April 14, 2020
„Die breite Unterstützung für diese Erklärung zeigt deutlich, dass Europas Antwort auf die COVID-19-Krise uns nachdrücklich auf den Weg zu einer wirklich nachhaltigen, klimaneutralen und gerechten Wirtschaft bringen muss – der Umwelt zuliebe, aber auch für den Aufbau einer größeren Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaften und unserer Wirtschaft,“ sagte Ester Asin, Direktorin des Büros für Europapolitik des Umweltverbands WWF, die ebenfalls zu den Unterzeichnerinnen gehört.
Bei einem Gipfeltreffen am 26. März hatten auch die EU-Staats- und Regierungschefs die Kommission aufgefordert, mit der Vorbereitung eines „umfassenden“ Wiederaufbau- und Konjunkturplans zu beginnen, der auch die anstehenden ökologischen und digitalen Umbrüche berücksichtigt.
EU-Klimakommissar Frans Timmermans hat seitdem mehrfach versprochen, „auf eine grüne Konjunkturbelebung hinzuarbeiten“. Saubere Energiequellen würden eine entscheidende Rolle in der grünen Wende einnehmen, so der niederländische Kommissar.
In der vergangenen Woche startete die Kommission darüber hinaus eine öffentliche Konsultation zu ihrer „Neuen Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen“. Diese läuft noch bis zum 15. Juli 2020. Die Strategie ist Teil eines Eine-Billion-Euro-Pakets, das die europäische Wirtschaft bis 2030 grüner machen soll.
Grüne Investitionen und Finanzanlagen werden ein „Hauptschwerpunkt“ in der wirtschaftlichen Erholungsphase nach der Pandemie sein, betonte auch EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis.
Jetzt Investitionen anschieben
„Die Lehre aus der COVD-19-Krise ist, dass frühes Handeln unerlässlich ist,“ schreiben die EU-UmweltministerInnen in ihrem Artikel. Man fordere die Kommission daher auf, den Green Deal „als Rahmen zu nutzen“, um das anstehende Konjunkturprogramm der EU entsprechend grün zu gestalten und „durch die Umsetzung der [Green Deal-] Initiativen die Dynamik zu verstärken“.
„Wir müssen die Investitionen erhöhen, insbesondere in den Bereichen nachhaltige Mobilität, erneuerbare Energien, Gebäuderenovierung, Forschung und Innovation, Wiederherstellung der Artenvielfalt und Kreislaufwirtschaft,“ heißt es im Artikel weiter.
Die FinanzministerInnen der Eurogruppe hatten sich derweil am vergangenen Donnerstag auf ein 540 Milliarden Euro schweres Paket geeinigt, das den EU-Ländern helfen soll, den wirtschaftlichen Schock des COVID-19-Ausbruchs zu überstehen. Die Staats- und Regierungschefs werden nun am 23. April per Videokonferenz zusammenkommen, um die nächste Stufe der Konjunkturerholungsphase zu erörtern.
EU-Ratspräsident Charles Michel, der diese EU-Gipfeltreffen leitet, kündigte ebenfalls an, er arbeite an einem „Aktionsplan“, um die EU wieder auf Wachstumskurs zu bringen – „auf Grundlage einer grünen und digitalen Strategie“.
[Bearbeitet von Tim Steins]