Trotz der durch die Coronavirus-Pandemie ausgelösten Wirtschaftskrise haben die EU, China und Kanada am Dienstag ein nach eigener Einschätzung „deutliches politisches Signal“ gesendet, dass sie sich weiterhin zum Pariser Klimaabkommen bekennen.
Frans Timmermans, der Klimakommissar der EU, war am Dienstag gemeinsam mit den Umweltministern Kanadas und Chinas, Jonathan Wilkinson und Huang Runqiu, Gastgeber des vierten Ministertreffens über Klimaschutz (MoCA), das in Form einer Videokonferenz abgehalten wurde.
Das MoCA ist ein jährliches Treffen, an dem Ministerinnen und Minister sowie andere hochrangige Vertreter aus mehr als 30 Ländern, darunter die G20, sowie Vorsitzende der wichtigsten Stakeholder-Gruppen in den UN-Klimaverhandlungen teilnehmen.
Beim Treffen habe man sich vor allem auf die Anpassung der globalen Konjunkturmaßnahmen nach der Pandemie an die Ziele des Pariser Klimaabkommens sowie auf die Verbesserung der Widerstandsfähigkeit gegen künftige Krisen konzentriert, teilte die Europäische Kommission mit.
Das MoCA sende in dieser Hinsicht „ein deutliches politisches Signal, dass die Erholung von der Coronavirus-Pandemie Hand in Hand mit dem Übergang zu einer kohlenstoffarmen und klimaresistenten Wirtschaft gehen wird“, so eine gemeinsame Erklärung, die zum Abschluss des Treffens veröffentlicht wurde.
Ein solches Bekenntnis war zuvor keinesfalls ausgemachte Sache gewesen: Im April hatte die UNO ihren jährlichen Klimagipfel Ende des Jahres aufgrund der Pandemie abgesagt und ihn auf November 2021 verschoben. In Europa drängte der tschechische Premierminister Andrej Babis die EU, ihre Prestigeprojekt „Green Deal“ angesichts der Gesundheitskrise fallen zu lassen.
Schlussendlich widersetzte die Kommission sich derartigen Aufrufen aber und hielt an ihrem Zeitplan für die internationale Klimapolitik fest.
„Der Planet kann nicht länger darauf warten, dass wir Maßnahmen gegen den Klimawandel ergreifen,“ sagte Timmermans, der auch für die Umsetzung des Green Deal zuständig ist, bei der gestrigen Veranstaltung.
„Grüner Wiederaufbau“ und Gegenteiliges
Timmermans verwies im Gespräch auf das von der EU vorgeschlagene 750 Milliarden schwere Konjunkturpaket („Recovery Fund“), das auch Unterstützung für ausländischen Partner der Union beinhaltet.
„Ohne einen grünen Wiederaufbau würden wir aus der COVID-Krise herauskommen, nur um dann festzustellen, dass wir in eine Klimakrise geschlafwandelt sind,“ warnte Timmermans und fügte hinzu: „Es ist unsere Pflicht, Pläne zur Erholung unserer Volkswirtschaften und zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaften auszuarbeiten.“
Es gibt jedoch beunruhigende Anzeichen dafür, dass die weltweite Erholung von der Pandemie am Ende möglicherweise nicht sonderlich grün sein wird: Im Mai kündigte China an, man wolle ab 2023 weiteren Provinzen erlauben, mit dem Bau von Kohlekraftwerken zu beginnen. Außerdem wolle man in dem Bemühen, die Wirtschaft wieder anzukurbeln, Milliarden Dollar für länderübergreifende Stromübertragungsleitungen bereitstellen.
Auch Japan und Südkorea könnten weiterhin Kohlekraftwerke in Ländern wie Vietnam und Indonesien finanzieren, um ihre dort tätigen, staatlich geförderten Unternehmen zu unterstützen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.
Auf der anderen Seite des Atlantiks haben die Vereinigten Staaten ihre Politik zugunsten von Kohle und fossilem Gas unvermindert fortgesetzt und sind gleichzeitig internationalen Klimaverhandlungen weitgehend ferngeblieben.
Und in Europa? Hier haben die Regierungen fast zwei Billionen Euro zur Rettung von Fluggesellschaften und anderen angeschlagenen Unternehmen bereitgestellt – ohne Rücksicht oder Verweis auf mögliche grüne Ziele.
Trotzdem optimistisch
Ein EU-Beamter, der an dem Treffen teilnahm, sagte im Anschluss, die Atmosphäre sei „trotz der schwierigen Zeiten gut und positiv“ gewesen. „Alle bedauerten, sich nicht persönlich treffen zu können, und wollen sicherstellen, dass wir durch die Verschiebung der COP26 nicht an Schwung verlieren,“ so der Beamte gegenüber EURACTIV.com.
In seiner Eröffnungsrede unterstrich Timmermans ebenfalls, die Nationen der Welt müssten jetzt entschlossen handeln: „Die Klimakrise ist immer noch da, die Biodiversitätskrise ist immer noch da, und wir werden nur einen Versuch haben, sie in Kombination mit den Konjunkturplänen, die jetzt gemacht werden, anzugehen.“
„Wir können die Mittel für den Wiederaufbau mobilisieren“, betonte der Kommissar. „Es wird nicht einfach sein, aber wir als globale Gemeinschaft werden genau dies tun müssen.“
Zum Ende der Gespräche sagte ein EU-Beamter, er beobachte „ein starkes Gefühl der Dringlichkeit“ unter den Teilnehmenden sowie „ein gemeinsames Gefühl, dass der Wiederaufbau grün sein muss, wenn er erfolgreich sein soll“.
Die MoCA-Teilnehmenden kamen überein, im kommenden Jahr, noch vor der COP26 in Glasgow, erneut zusammenzutreten. Bis dahin wird sich wohl herausstellt haben, ob die Einschätzung des EU-Beamten allzu optimistisch war oder nicht.
[Bearbeitet von Zoran Radosavljevic und Tim Steins]