Die russische Regierung will bis Anfang September ein Gesetz zur Ratifizierung des Pariser Klimaabkommens vorlegen. Präsident Wladimir Putin warnte jedoch vor den Gefahren eines „Absolutismus“ der erneuerbaren Energien. EURACTIVs Medienpartner Climate Home News berichtet.
Bereits im Juli wies der stellvertretende Ministerpräsident Alexej Gordejew die Ministerien für Umwelt und Außenpolitik an, einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Ratifizierung des Klima-Abkommens durch das russische Parlament bis zum 1. September vorzulegen, so eine Regierungserklärung.
Das Land, das als viertgrößter Umweltverschmutzer der Welt gilt, ist einer der 12 von 197 Unterzeichnern des Pariser Abkommens, die das Abkommen noch nicht ratifiziert haben.
In dem Regierungskommuniqué heißt es, es sei „jetzt notwendig… den Ratifizierungsprozess vor dem Weltklimagipfel [am 23. September 2019] einzuleiten“. Im September findet eine wichtige Klimakonferenz statt, die von UN-Chef Antonio Guterres einberufen wurde und darauf abzielt, die Verpflichtungen der Länder zur Emissionsreduzierung zu erhöhen.
Der Kreml und die kohlenstoffarme Energie
Der Schritt folgt monatelangen Verhandlungen zwischen dem Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung, welches das Gesetz verfasst hat, und dem Ministerium für Ressourcen, Umwelt und Außenpolitik.
In der Regierungserklärung heißt es, die Ratifizierung des Pariser Abkommens könne Russland „zusätzliche Möglichkeiten eröffnen, an allen Verhandlungsprozessen teilzunehmen und seine Interessen in internationalen Foren zu schützen, die die Regeln für die Reduzierung der CO2-Emissionen festlegen und entsprechende Dokumente entwickeln“.
Neben dem bevorstehenden Klimagipfel nannte die Regierung auch eine globale Verschiebung der Nachfrage hin zu kohlenstoffarmer Energie als Grund für das Gesetz: „Die weltweite Stromindustrie wird immer weniger CO2-intensiv, was den Wettbewerbsvorteil von Gütern aus Ländern mit umweltfreundlicherer Energie voraussetzt.“
Auf einer globalen Produktions- und Industrialisierungskonferenz, die er in Jekaterinburg veranstaltete, räumte Präsident Wladimir Putin ein, Russland erlebe die Auswirkungen der Klimakrise besonders: die Temperaturen in der Arktis stiegen schließlich schneller als irgendwo sonst auf der Welt.
„Die Zerstörung von Natur und Klima setzt sich fort,“ betonte Putin. „Und es wird immer akuter: Dürren, schlechte Ernten, Naturkatastrophen.“
Putin lehnt Energie-„Absolutismus“ ab
Putin wies jedoch darauf hin, dass erneuerbare Energien nicht zu einem „vollständigen Verzicht auf Atom- oder Kohlenwasserstoff-Energie“ führen sollten. Er forderte die internationale Zusammenarbeit bei der Entwicklung der Kernenergie und warnte vor Energie-„Absolutismus“. Er mahnte: „Blinder Glaube an einfache, auffallende, aber ineffektive Lösungen führt zu Problemen“.
„Wird es für die Menschen angenehm sein, auf einem Planeten mit einer Reihe von Windturbinen und mehreren Schichten von Solarmodulen zu leben?,“ fragte der Kremlchef.
Weiter fuhr er fort: „Jeder weiß, dass Windenergie gut ist, aber erinnern sie sich in diesem Fall an die Vögel? Wie viele Vögel sterben? Sie [die Windturbinen] zittern so stark, dass Würmer aus dem Boden kommen. Wirklich, es ist kein Witz, es ist eine ernste Folge dieser modernen Wege, Energie zu gewinnen. Ich sage nicht, dass sie nicht weiterentwickelt werden müssen, aber wir sollten die damit verbundenen Probleme nicht vergessen.“
Hinweise auf Würmer, die aufgrund der Vibrationen von Windkraftanlagen aus dem Boden kommen, gibt es in der naturwissenschaftlichen Fachliteratur freilich nicht. Die einzige Online-Erwähnung auf Englisch ist ein Beitrag aus dem Jahr 2011 und stammt von einer US-Blogseite gegen Windkraft.
Dennoch ist Russland gerade dabei, einen Rechtsrahmen für die Klimagesetzgebung zur Regulierung der Treibhausgasemissionen zu überprüfen. Die Gesetzgebung würde der Regierung die Befugnis erteilen, Treibhausgasemissionsziele und Strafabgaben für Unternehmen, die diese überschreiten, einzuführen. Die Gewinne könnten dann möglicherweise in einen Fonds zur Unterstützung von Klimaschutzprojekten fließen. Darüber hinaus sollen Voraussetzungen für ein Cap-and-Trade-System, Emissionsberechtigungen und Steuervergünstigungen für Unternehmen, die ihre Emissionen reduzieren, geschaffen werden.
NGOs haben die Gesetzesvorlagen in dem traditionell klimaschädlichen Land mit Vorsicht begrüßt. Versuch von Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden, Klimamärsche zu organisieren, hat das Regime bisher jedoch unterdrückt.
Unterdessen sucht die Regierung in Moskau weiterhin nach Kooperationspartnerschaften mit China für die Öl-Exploration in der Arktis. Im Juni unterzeichnete China National Chemical Engineering eine Absichtserklärung mit der Ölgesellschaft Neftegazholding, einer Schwestergesellschaft der staatlichen Ölgesellschaft Rosnef, zur Erkundung des Payaha-Ölfeldes auf der Halbinsel Taymyr in Nordsibirien. Es wird geschätzt, dass das gesamte Feld über 420 Millionen Tonnen Ölreserven verfügt.
[Bearbeitet von Britta Weppner und Tim Steins]