Die COVID-19-Krise sollte die Entschlossenheit Europas stärken, die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Beispielsweise müssten die Preise für fossile Brennstoffe auf einem Mindestniveau gehalten werden, fordert Frankreich.
Da die globalen Ölpreise aktuell bei einem überaus niedrigen Wert um 20 US-Dollar pro Barrel schwanken, werden die Weltmärkte mit überschüssigem Öl überschwemmt – was den Übergang zu sauberen Energien zu gefährden droht, so die französische Warnung: „Extrem niedrige Preise für fossile Brennstoffe spiegeln nicht ihre wahren Kosten für das Klima wider,“ heißt es in einer Stellungnahme, die EURACTIV vorliegt.
Das Papier wurde vor einem informellen Videotreffen der EU-EnergieministerInnen am morgigen Dienstag an die nationalen Delegationen verschickt.
Darin heißt es weiter: „Die französischen Behörden sind der Ansicht, dass die gegenwärtigen Marktbedingungen [auf dem Ölmarkt] ein starkes Argument für Mechanismen sind, die sicherstellen, dass diese Energieformen durchgehend über einem bestimmten Mindestpreis bleiben“. Dies sei nicht nur im Sinne der Umwelt, sondern auch der Investoren.
Ein solcher Mechanismus könnte die Form eines „Carbon Price Floor“ (dt. meist: CO2-Mindestpreis) annehmen, der entweder durch das Emissionshandelssystem der EU (ETS) oder über die Richtlinie zur Besteuerung von Energieerzeugnissen umgesetzt werden könnte. Für letztere steht im Rahmen des europäischen Green Deal ohnehin eine Überprüfung an, erinnern die französischen VertreterInnen.
Mindestpreise und Ausgleiche
Das Vereinigte Königreich war in der Europäischen Union mit gutem Beispiel vorangegangen, als schon 2013 ein CO2-Mindestpreis festgelegt wurde. Die Idee ist jedoch in dem vom Kohlebergbau abhängigen Polen und anderen Ländern Mittel- und Osteuropas, die von dieser Maßnahme wahrscheinlich am stärksten betroffen wären, umstritten.
Sollte ein Carbon Price Floor angenommen werden, müsste er in der EU von einer „Sozialpolitik für Regionen im Übergang“, in denen wohl Arbeitsplätze abgebaut werden, begleitet werden, sagte der französische Präsident Emmanuel Macron bereits bei einem Besuch in Brüssel im März 2018.
Im aktuellen französischen Dokument zeigt man sich derweil auch besorgt über die potenziellen Auswirkungen der sinkenden Strompreise auf den CO2-Markt der EU. „In dieser Hinsicht sind die französischen Behörden der Ansicht, dass eine Verstärkung der EU-ETS-Marktstabilitätsreserve unverzüglich umgesetzt werden muss, um der Gefahr eines Wiederauflebens struktureller Überschüsse zu begegnen“, heißt es in dem Papier.
Dem Dokument zufolge „erfordert die gegenwärtige Situation auch eine rasche Einrichtung des CO2-Grenzausgleichsmechanismus“, um zu verhindern, dass Fabriken angesichts der höheren CO2-Kosten im eigenen Land aus der EU abwandern.
Eine solche CO2-Grenzsteuer gehört bereits seit Längerem zu den französischen klimapolitischen Forderungen.
Grüne Stromerzeugung fördern
Diese Maßnahmen allein werden jedoch nicht ausreichen, um weitere Investitionen in saubere Energie anzukurbeln und einen „grünen Wiederaufbau“ nach der Coronavirus-Krise zu sichern, wird im Papier eingeräumt.
Besonders besorgt zeigt sich Frankreich über die strukturell niedrigen Strompreise, da diese die Investitionen in neue „grüne“ Stromerzeugungskapazitäten behindern. Letztere würden aber dringend benötigt, um die Dekarbonisierungsziele der EU zu erreichen. Daher seien politische Reformen der EU notwendig, um „die Finanzierung der dekarbonisierten Stromerzeugung zu sichern“.
Dabei sollten auch lediglich „kohlenstoffarme“ Technologien nicht ausgeschlossen werden – ein versteckter Verweis auf die in Frankreich nach wie vor wichtige Atomenergie.
[Bearbeitet von Zoran Radosavljevic und Tim Steins]