Auf der Tagung der kommunalen Unternehmen hat Umweltministerin Svenja Schulze am Montag (11 März) ihr Klimaschutztgesetz gegenüber Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karenbauer verteidigt.
Die vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) geladene Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) lobte das Engagement vieler Kommunen im Umweltschutz. Auch in der Bundespolitik müsse man nun „endlich ernst machen.“ Der politische Schlüssel dazu soll das neue Klimaschutzgesetz sein, das Schulze im Februar dem Kanzleramt vorgelegt hat.
Das geplante Gesetzt ist innerhalb der großen Koalition stark umstritten, da es strenge CO2-Budgets für die einzelnen Wirtschaftssektoren vorsieht, für welche die Ministerien verantwortlich sein sollen. Schulze setzt auf Druck: „Kein Mitglied der Bundesregierung kann sich dann wegducken“, sagte sie gestern. Beim VKU, in dem vor allem Unternehmen aus den Bereichen Wasser, Abfallwirtschaft und Energie organisiert sind, sehen das nicht alle so: „Statt starrer und immer detaillierterer Vorgaben, brauchen wir eine hinreichende Offenheit für neue Lösungen“ forderte jüngst Verbandschefin Katherina Reiche.
Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ist wenig angetan von Schulzes strengen Vorgaben. Er fürchtet um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie, die bereits jetzt aufgrund der Energiewende mit einem Anstieg des Industrie-Strompreises zwischen 30 bis 50 Prozent rechnet. Je nach Branche profitieren Unternehmen von unterschiedlich hohen Subventionen für Strom, trotzdem zahlten deutsche Unternehmen laut Eurostat im Jahr 2018 den höchsten Preis in der EU. Den beim VKU angeschlossenen Stadtwerken sagte Altmaier daher, sie müssten in Zukunft über neue Geschäftsmodelle nachdenken.
Zögern bei der CO2-Steuer
Bei den Vorgaben im Klimaschutzgesetz gehe es nicht darum, ein „Superministerium Umwelt“ zu schaffen, verteidigte Schulze gestern ihren Entwurf. „Ich will, dass sich die Verantwortlichen, ein Herr Scheuer, Seehofer, Altmaier und eine Frau Klöckner, Gedanken über sehr konkrete Maßnahmen machen, mit denen sie in ihrem Bereich CO2 einsparen können, um Verantwortung zu übernehmen.“
Ein Schlüssel dazu könnte nach Ansicht vieler Experten eine CO2-Steuer sein, die auch außerhalb des Energiesektors greifen würde, wo sie bereits europaweit gilt. Ihr Ministerium sei bereits dabei, ein Konzept für eine sozial faire CO2-Bepreisung zu entwickeln, so Schulze. Mit Blick auf die Bewegung der Gelbwesten in Frankreich, die aufgrund einer Umweltauflage bei den Spritpreisen wochenlang auf die Straßen gegangen waren, ist man in der großen Koalition mit der Einfuhr eines neuen CO2-Steuermodells bislang zurückhaltend.
Gebäude- und Verkehrssektor bleiben problematisch
Gegenüber den Unternehmensvertretern machte Schulze in ihrer Rede klar, dass es jetzt vor allem am Gebäude und Verkehrssektor sei, die eigenen CO2-Einsparungen voranzutreiben. „Wir brauchen dringend ein Programm, das freiwillige Anreize und steuerliche Absetzungen für die Sanierung von Gebäuden anbietet“, befand auch Altmaier.
Doch obwohl der Gebäudesektor für über ein Drittel des gesamtdeutschen Energieverbrauchst verantwortlich ist, kommt das Ministerium von Innenminister Horst Seehofer (CSU) den eigenen Versprechungen nicht hinterher. Die im Koalitionsvertrag angekündigte „Gebäudekommission“ wurde am 20. Februar von der Agenda der Kabinettssitzung gestrichen. Die Regierung habe selbst genügend Experten für das Thema, sei die Entscheidung begründet worden. Auch eine steuerliche Absetzung für den energetischen Umbau von Häusern, wie sie Branchenvertreter seit Jahren fordern, ist nicht in Sicht. Zwar hatte die große Koalition sie vage in Aussicht gestellt, im Bundeshaushalt 2019 findet sie sich aber nicht. Frankreich hat dagegen bereits im April 2014 ein 14 Milliarden schweres Sanierungsprogramm auf den Weg gebracht.
Kaum besser sieht es aus Sicht der Umweltministerin im Transportsektor aus. Dort müsse die bereits eingesetze Kommission dringend ein Konzept vorlegen. Der Verkehr ist in Deutschland der einzige Bereich, in dem die CO2-Emissionen weiter steigen: im Jahr 2017 wurden 170 Millionen Tonnen mehr CO2 ausgestoßen als im Vergleichsjahr 1990. Mit Blick auf die Rolle der Kommunen kam auch Kramp-Karrenbauer auf den Verkehr zu sprechen: „Die Energiewende kommt nicht ohne eine Mobilitätswende.“ Kommunen würde dabei eine entscheidende Rolle spielen, betonte sie. „Dort kann man Dinge schneller und effektiver ausprobieren. Was es braucht, ist der Mut für Experimente.“
Alles in allem, da waren sich die drei Sprecher einig, dürfte die Energiewende eine völlig neue Ausrichtung der Wirtschaft erfordern. Das sei geradezu eine „Operation am offenen Herzen der Marktwirtschaft“, umfasste es Wirtschaftsminister Altmaier.