Moderne Gesellschaften treiben mit ihrer Art der Ernährung, des Konsums und auch ihrer Finanzierung die natürlichen Ökosysteme des Planeten an den Rand des Abgrunds: Sie bedrohen die Grundlage, auf der die eigene Weltwirtschaft basiert, so der Living Planet Report 2018 des WWF, der am heutigen Dienstag veröffentlicht wurde.
Die weltweiten Bestände an Fischen, Vögeln, Säugetieren, Amphibien und Reptilien gingen zwischen 1970 und 2014 um durchschnittlich 60 Prozent zurück, wobei Süßwasser-Arten am stärksten betroffen waren, so der Bericht des Umweltschutzverbandes.
„Wir können für Europa und seine Bürger keine blühende Zukunft auf einem ausgelaugten Planeten aufbauen. Deshalb müssen die Wirtschafts- und die Umweltpolitik sehr viel stärker zusammenlaufen, wenn wir ein nachhaltiges Europa für alle aufbauen wollen,“ forderte Ester Asin, Direktorin des Büros für europäische Politik des WWF.
Der Living Planet Report beobachtet seit 1970 insgesamt 16.704 Populationen von 4.005 Wirbeltierarten. So wurde festgestellt, dass Seen, Flüsse und Feuchtgebiete am stärksten unter Überbeanspruchung leiden und ihr Zustand sich mit rasanter Geschwindigkeit weiter verschlechtert. Die Arten-Populationen in diesen Gebieten seien seit 1970 um 83 Prozent zurückgegangen, wird im aktuellen Bericht gewarnt.
Obwohl sie für Mensch, Natur und Wirtschaft von entscheidender Bedeutung sind, stehen diese Ökosysteme unter steigendem Druck durch Umweltverschmutzung, Staudammbau und einen steigenden Wasserbedarf zur Bewässerung von Farmen und zum Betrieb von Wasserkraftwerken, so der WWF.
EU soll Führungsrolle übernehmen
Auf europäischer Ebene wird im Bericht besonders auf den EU-Ordnungsrahmen in der Wasserpolitik hingewiesen, der derzeit einem „Fitness-Check“ unterzogen wird. Der WWF befürchtet dabei, die Richtlinie könne geschwächt werden. Daher hat der Verband die Kampagne #ProtectWater gestartet, mit der der Rahmen gestützt und vor einer möglichen Revision bewahrt werden soll.
Die Umweltschützer betrachten den derzeitigen Rahmen als „eine der bisher fortschrittlichsten Umweltgesetzgebungen der EU“. Er spiele eine „wichtige Rolle“ beim Schutz der europäischen Flüsse und Seen, des Grundwassers sowie anderer Feuchtgebiete vor Übernutzung.
Generell fordert der WWF die EU-Institutionen auf, den Schutz von Klima und biologischer Vielfalt in die wichtigsten Wirtschaftssektoren zu integrieren, einschließlich der Politik in den Bereichen Landwirtschaft, Infrastrukturentwicklung sowie Klima und Energie.
Asin sagte dazu: „Mit den bevorstehenden EU-Wahlen und den daraus resultierenden Änderungen wichtiger Entscheidungsgremien hat Europa die Möglichkeit, seine globale Führungsrolle im Bereich Klimawandel und Naturschutz wiederzubeleben.“
Sie schloss: „Europa muss mit gutem Beispiel vorangehen, indem es eine ehrgeizige EU-Biodiversitätsstrategie für die Zeit nach 2020 beschließt und den Schutz der biologischen Vielfalt und des Klimas in alle relevanten Politikbereiche integriert.“