In Deutschlands größter Raffinerie in Wesseling bei Köln steht nun der größte Elektrolyseur seiner Art in Europa, gebaut von Shell und der EU. Der britisch-niederländische Ölmulti plant derweil bereits den Bau eines zehnmal größeren Elektrolyseurs bis 2024. Dieser soll die deutsche Industrie mit mehr „grünem Wasserstoff“ versorgen.
Die europäische Industrie treibt zunehmend die Nachfrage nach CO2-neutralem Wasserstoff für den Einsatz in industriellen Prozessen voran. Von der Stahl- bis zur Chemieindustrie streben die meisten energieintensiven Branchen eine Dekarbonisierung mittels Wasserstoff an – was zu einer Reihe neuer Projekte für den Bau von Elektrolyseuren führt, die in der Lage sind, Wasser zu spalten, um das sauber-brennende Gas zu erzeugen.
„Mit der Inbetriebnahme der größten PEM-Elektrolyse-Anlage Europas bauen wir unsere führende Rolle auf diesem Gebiet weiter aus,“ zeigte sich NRW-Ministerpräsident und CDU-Chef Armin Laschet bei der Eröffnungsveranstaltung am vergangenen Freitag (2. Juli) zufrieden.
Das Projekt mit dem Namen Refhyne ist das bisher größte europäische Projekt in Sachen Wasserstoff-Produktionstechnologie, die mit Schwankungen in der Energieversorgung umgehen kann und sich daher besonders für den gemeinsamen Einsatz mit variabler erneuerbarer Elektrizität aus Wind und Sonne eignet.
Die Anlage habe das Potenzial, zunächst die Raffinerieprozesse zu „dekarbonisieren“ und dann zum Ausgleich des Stromnetzes beizutragen, sagte Bart Biebuyck, Geschäftsführer des Fuel Cells and Hydrogen Joint Undertaking (FCH JU), einer von der EU kofinanzierten öffentlich-privaten Partnerschaft, die das Projekt leitet.
Das FCH JU, das sich aus der Europäischen Kommission, dem Industrieverband Hydrogen Europe und Hydrogen Europe Research zusammensetzt, hatte zehn Millionen Euro zur Verfügung gestellt, was 50 Prozent der Finanzierung des Projekts entspricht.
Der Elektrolyseur wird mit seinen zehn Megawatt Leistung etwa 1.300 Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr produzieren – vorausgesetzt, es stehen ausreichend Mengen an erneuerbarem Strom zur Verfügung. Zum Größenvergleich: Der Wasserstoff-Sachverständigenrat der Bundesregierung geht davon aus, dass der Wasserstoffbedarf der deutschen Industrie allein – Raffinerien ausgenommen – bis zum Jahr 2030 bei rund 1,7 Millionen Tonnen jährlich liegen wird.
Der vom Elektrolyseur erzeugte Wasserstoff wird zunächst in der größten deutschen Raffinerie, dem Chemicals Park Rheinland, zur Raffination von Erdöl eingesetzt. Die Raffinerie gehört der Royal Dutch Shell und wird von der Firma als das Herzstück bei der Umstellung ihres auf fossilen Brennstoffen basierenden Geschäftsmodells bezeichnet. Zuvor hatte das Unternehmen bereits ein 500 Millionen Euro schweres Projekt gestartet, um in der Raffinerie die Produktion von E-Kraftstoffen zu starten. Dafür gab es Unterstützung von der Landesregierung.
Der 10MW-Elektrolyseur ist zwar bereits der größte seiner Art in Europa, wird jedoch vor allem als ein Pilotprojekt für noch größere Anlagen angesehen: „Wir denken auch über eine 100-MW-Wasserstoffanlage hier im Rheinland nach. Wir wollen die industrielle Infrastruktur der Region mitgestalten,“ sagte Huibert Vigeveno, Downstream-Direktor bei Shell.
Wenn der Pilotversuch gut läuft, soll die Partnerschaft weitere 100 MW Elektrolyse-Kapazität errichten, die wohl 2024 fertiggestellt wäre. Das wäre dann die größte Elektrolyse-Anlage der Welt.
Allerdings war das Pilotprojekt zu 50 Prozent von der Finanzierung durch den FCH JU abhängig: Ein wirtschaftlicher Erfolg für ein zehnmal größeres Projekt wäre ohne weitere öffentliche Förderung wohl überaus fraglich. „Wir werden in Nordrhein-Westfalen mehr Unterstützung durch gezielte Förderung und Subventionen brauchen,“ erklärte auch Fabian Ziegler, Geschäftsführer von Shell Deutschland.
Er fügte hinzu, sein Unternehmen sei in der Lage, seine industrielle Stärke und Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, die Energiewende zu schaffen und (mehr) Wasserstoff für den Verkehr und die Industrie bereitzustellen – vorausgesetzt jedoch, es gebe genügend Fördermittel von Land, Bund oder EU.
Ob die Shell’schen Visionen Wahrheit werden, dürfte daher unter anderem von der Entwicklung des CO2-Preises und der Höhe der zusätzlich verfügbaren Mittel abhängen.
Es ist derzeit unklar, ob das FCH JU wieder einspringen und Gelder zur Verfügung stellen wird. Die Antragsprüfung laufe aktuell noch, so eine Quelle gegenüber EURACTIV.
[Bearbeitet von Benjamin Fox und Frédéric Simon]