Die Richter des Europäischen Gerichtshofs haben heute entschieden, dass Baumfällungen im Białowieża-Wald gegen EU-Recht verstoßen und hohe Geldbußen drohen, wenn die polnische Regierung nicht unverzüglich tätig wird.
Polen hat in diesem Fall kein Recht mehr auf Berufung, und das Urteil ist ab heute gültig. Das bedeutet, dass Warschau das Urteil sofort umsetzen oder mit hohen Geldbußen wegen Nichteinhaltung rechnen muss. Die von der Kommission verhängten Mindeststrafen würden sich auf 4,3 Millionen Euro belaufen und könnten sich auf zweistellige Millionenbeträge erhöhen.
Der Białowieża-Wald ist der größte verbliebene Urwald Europas, der sich vom Osten Polens bis nach Weißrussland erstreckt. Er ist Lebensraum für verschiedene geschützte Arten, darunter eine große Population europäischer Bisons.
Der Wald steht unter dem Schutz von Natura 2000 und der europäischen Vogelschutzrichtlinie. Dennoch genehmigte der damalige polnische Umweltminister Jan Szyszko 2016 den Holzeinschlag und sagte, dies sei notwendig, um einen angeblichen Borkenkäferausbruch zu kontrollieren.
Szyszko und sein Ministerium erklärten damals, die Käferart – die eigentlich im Wald endemisch und kein Schädling ist – sei wegen der großen Mengen an Totholz in Białowieża außer Kontrolle geraten. Es müssten Bäume gefällt werden, um den Käferbefall einzudämmen.
Diese Erklärung wurde jedoch von Umweltgruppen angegriffen, die bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde einreichten, als sich die Abholzungsaktivitäten verdreifachten. Die EU-Exekutive hatte den Fall dann an den EuGH verwiesen, der ihn seit Mitte 2017 bearbeitet.
Polens Behauptungen, die Abholzung sei notwendig, um die Käferausbreitung zu kontrollieren, und dass es sich dabei um eine Frage der „öffentlichen Sicherheit“ handele, wurden vom Gericht deutlich zurückgewiesen.
Die Richter wiesen tatsächlich sogar darauf hin, dass die Entfernung von Bäumen wie Fichten und Kiefern, die der natürliche Lebensraum des Käfers sind, nach dem polnischen Forstwirtschaftsplan 2015 dem Wohlergehen der Käferart abträglich wäre. Die Art ist außerdem durch die EU-Habitatrichtlinie geschützt.
Das Urteil vom heutigen Dienstag folgt einer Stellungnahme von Generalanwalt Yves Bot vom Februar. Wie erwartet hat das Gericht Bots Schlussfolgerungen nicht mehr abgeändert.
ClientEarth, eine der Umweltgruppen, die den Fall zuerst in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt hatte, nannte das Urteil „einen großen Sieg für alle Verteidiger von Białowieża“.
Der Vorsitzende der Organisation, James Thornton, warnte jedoch, dass „dies nicht das Ende des Kampfes ist“ und unterstrich, man erwarte von der polnischen Regierung nun, dass sie die Entscheidung des EuGH vollständig umsetzt. Außerdem forderte er Polen auf, das Schutzgebiet auf den gesamten Wald auszudehnen.