Vier Studierende haben angeregt, das Kompostieren aus einer wissenschaftlichen Perspektive zu betrachten: Sie starteten eine Gemeinschaftsstudie über die Zersetzung von Bioabfällen. EURACTIV Frankreich berichtet.
Lebensmittelabfälle machen 30 Prozent des Inhalts unserer Mülltonnen aus, so die französische Agentur für den ökologischen Übergang (Agence de transition écologique, Ademe).
Im Gegensatz zu einer Vielzahl von Plastikmüll-Arten sind Lebensmittelabfälle biologisch abbaubar, so dass sie bei richtiger Kompostierung eigentlich mit gutem Gewissen weggeschmissen werden könnten. Wenn der Abfall jedoch deponiert wird – und dann verbrannt oder in einer sauerstofffreien Umgebung vergoren – wird er zum Treibhausgas-Emittenten.
Während das Internet voll von Ratschlägen und Anleitungen für das Anlegen des eigenen Komposthaufens ist, sind wissenschaftliche Daten zu diesem Thema nach wie vor relativ rar.
Mit dieser Erkenntnis im Hinterkopf haben vier Studierende der Paul Sabatier Universität in Toulouse ihr „Kompostologie“-Projekt ins Leben gerufen: „Wir hatten festgestellt, dass diverse Fragen, manchmal auch Vorurteile, das Thema Kompost umranken. Wir wollten ein klareres Bild davon bekommen,“ erklärt Thibault, der sich auf das Studium von Ökosystemen und Anthropisation [d.h. menschliche Einflüsse auf die Umwelt] spezialisiert hat.
„Kollaborative Studie“
Clara, Charlotte, Meïssa und Thibault riefen eine „Gemeinschaftsstudie“ ins Leben. Das heißt: Sie steht allen offen, sofern sie das Versuchsprotokoll einhalten.
Die Ausgangsprämisse der Studie ist, dass Wasser oder Kaffeesatz die Zersetzung von organischen Abfällen beschleunigen.
Um ihre Hypothese zu überprüfen, schlugen die vier Studierenden vor, die zu kompostierenden Kartoffelschalen in drei verschiedene Beutel zu füllen: einen mit Erde und Kaffeesatz, den zweiten mit Erde und Wasser und den dritten nur mit Erde. Nach einem Monat sollten die Teilnehmenden ihre Ergebnisse einreichen.
„Für uns war es wichtig, ein Experiment anzubieten, das einfach durchzuführen ist, die Fehlerquote möglichst reduziert und die Kosten niedrig hält,“ erklärt Thibault. Um aussagekräftige Daten zu erhalten, musste das Experiment mehrfach durchgeführt werden: „Wir brauchten mindestens 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Eine Woche vor Ablauf der Anmeldefrist am 15. November haben wir nun schon 40.“
Um ein möglichst großes Publikum zu erreichen, richteten die vier jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Website ein und „machten wirklich viel Kommunikation über soziale Medien“, merkt Arthur Compin, ihr betreuender Professor und Forschungsingenieur am Nationalen Zentrum für Wissenschaftliche Forschung (CNRS), an.
Zusammen mit seiner Kollegin Camille Larue plant er nun, gegebenenfalls eine größer angelegte und ausgeweitete Studienversion des studentischen Projekts am Laboratorium für funktionelle Ökologie und Umwelt in Toulouse in Angriff zu nehmen.
Mehr kompostieren
Neben dem wissenschaftlichen Beitrag des Projekts zielt „Kompostologie“ jedoch in erster Linie darauf ab, das öffentliche Bewusstsein für die Aufbereitung und mögliche Wiederverwendung von Abfällen zu schärfen.
Tatsächlich geht die Studie selbst auf ein zunehmendes Interesse an Kompostierungspraktiken zurück: „Natürlich ist dies ein Thema, das uns interessiert hat. Und wir stellten fest, dass sich immer mehr Menschen dafür interessieren – für das Thema an sich, nicht nur für die Kampagne zur Studie,“ erinnert sich Thibault.
Zwar macht der Besitz eines Gartens es deutlich einfacher, Haushaltsabfälle zu kompostieren, doch in Frankreich zeigt sich ein genereller Trend in allen Haushalten, verstärkt zu kompostieren.
Dies dürfte insbesondere auf Änderungen in der Umwelt- und Abfallpolitik zurückzuführen sein: So beginnen die französischen Kommunen, öffentliche Kompost-Infrastrukturen anzubieten – von der Bereitstellung kleiner Komposteimer für den Heimgebrauch über das Einsammeln von Lebensmittelabfällen bis hin zur Einrichtung von öffentlichen Sammelbehältern.
Allerdings sollte festgehalten werden, dass ihnen auch kaum eine andere Wahl bleibt: Wie im Gesetzespaket zur Kreislaufwirtschaft, das 2018 von den EU-Institutionen verabschiedet wurde, festgelegt wird, müssen alle europäischen Städte ihren Einwohnerinnen und Einwohnern bis Ende 2023 eine Lösung zur Trennung ihres Bioabfalls anbieten.
[Bearbeitet von Tim Steins]