Ein dänisch-norwegisches Projekt zum Bau der bisher größten und leistungsstärksten wasserstoffbetriebenen Fähre der Welt hat EU-Förderung beantragt. Der Plan sieht vor, bis 2027 eine regelmäßige Fährverbindung zwischen Kopenhagen und Oslo einzurichten.
Mehrere Schifffahrts- und Energieunternehmen haben sich zusammengeschlossen, um ein Fährschiff zu bauen, das 1.800 Passagiere zwischen den beiden skandinavischen Hauptstädten transportieren soll. Das Schiff, das den Namen Europa Seaways tragen wird, soll mit emissionsfreien Wasserstoff-Brennstoffzellen betrieben werden.
Der Wasserstoff wird in Dänemark mit Hilfe von Offshore-Windkraft erzeugt. Somit handelt es sich um sogenannten „grünen Wasserstoff“ – und nicht um grauen oder blauen, bei dem fossile Brennstoffe im Wasserstoff-Produktionsprozess verwendet werden.
Nach ersten Berechnungen des Projekts würde die Fähre jedes Jahr 64.000 Tonnen CO2-Emissionen vermeiden, was dem Wegfall von mehr als 13.000 Pkw entspricht.

Die Europa Seaways wird außerdem in der Lage sein, auf der rund 48 Stunden dauernden Hin- und Rückfahrt entweder 380 Pkw oder 120 Lkw zu befördern. Um dieses Kunststück zu vollbringen, wird sie von einer 23-Megawatt-Brennstoffzelle angetrieben, die alle bisherigen Antriebssysteme in den Schatten stellt.
„Die größten Brennstoffzellensysteme erzeugen heute nur 1 bis 5 MW, und die Entwicklung einer so großen Brennstoffzellenanlage für eine Elektrofähre ist eine monumentale Aufgabe,“ kommentiert Torben Carlsen, CEO der Fährgesellschaft DFDS, die das Schiff betreiben wird.
„Wir können nur in Partnerschaften mit Unternehmen erfolgreich sein, die zusammen einige der weltweit besten Kompetenzen in Design, Zulassung, Bau, Finanzierung und Betrieb von innovativen Schiffen aufbringen können,“ fügt er hinzu.
DFDS betonte in einer Erklärung, dass, da es noch keine derartigen Schiffe gibt, öffentliche Gelder benötigt werden, um das Schiff tatsächlich aufs Wasser zu bekommen. Das Projekt hat sich daher um Unterstützung aus dem zehn Milliarden Euro schweren Innovationsfonds der EU beworben.
Dieser Fonds, der auf „hochinnovative Technologien und große Vorzeigeprojekte“ abzielt, wird durch Zahlungen aus dem CO2-Markt der EU, dem sogenannten Emissionshandelssystem, gespeist. Die ersten Ausschreibungen für Projekte wurden im November gestartet.
Laut einem Entwurf der Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität der Europäischen Kommission, der am Mittwoch veröffentlicht wurde, hofft die EU-Exekutive auf emissionsfreie Schiffe ab dem Jahr 2035.
DFDS will den Betrieb im Jahr 2027 aufnehmen; die Europa Seaways könnte dieses EU-Ziel also übertreffen – und anderen Unternehmen wertvolle Entwicklungsdaten liefern.
Fähren gelten als ein guter Einstiegspunkt für emissionsfreie Schiffe, bevor eine vollständige Umstellung auch bei großen Containerschiffen erfolgen kann. In ähnlicher Weise wurden auch zunächst bei Bussen Batterie- und Wasserstoffantriebe eingesetzt, bevor entsprechende Lkw zum Einsatz kamen.
„Um die Ziele der Internationalen Schifffahrtsorganisation für das Jahr 2050 zu erreichen, muss die Branche auf CO2-freie Kraftstoffe umsteigen. Das ist ein komplizierter Weg, nicht nur in Bezug auf die Technologie, sondern auch auf die Infrastruktur,“ erklärt Charles Haskell von Lloyd’s Register, einem weiteren Schifffahrtsdienstleister, der an dem Projekt beteiligt ist.
Das dänische Energieunternehmen Ørsted wird ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, da es helfen wird, den grünen Wasserstoff als Treibstoff bereitzustellen. Es hat bereits Pläne angekündigt, neue Anlagen zu bauen, die darauf ausgerichtet sind, grünen Treibstoff für Schwertransporte, Flugzeuge und Schiffe bereitzustellen.
„Wenn die Regulierungsbehörden gewillt sind, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Nachfrage- und Angebotsseite nachhaltiger Kraftstoffe zu ermöglichen, stehen dänische Unternehmen bereit, in groß angelegte Power-to-X-Projekte zu investieren,“ so Ørsted-Vizechef Anders Nordstrøm.
Die Mobilitäts-NGO Transport & Environment veröffentlichte am Montag ihrerseits eine Studie, in der betont wird, Wasserstoff im Straßenverkehr sei „Verschwendung“ und sollte stattdessen verstärkt in der Luft- und Schifffahrt eingesetzt werden.
„Unsere Studie zeigt, dass allein der Luft- und Schifffahrtssektor einen beträchtlichen, neuen Markt für grünen Wasserstoff schaffen würde. Dies würde dabei helfen, die Technologie im großen Stil auszurollen und den Weg für emissionsfreies Schifffahren und Fliegen zu ebnen,“ zeigt sich Geert De Cock von T&E überzeugt.
Er betont abschließend auch: „Die Entscheidungen, die wir heute treffen, könnten massive Auswirkungen auf den Energiebedarf in der Zukunft haben. Wenn wir zum Beispiel nur einen Bruchteil der Autos mit E-Treibstoff betreiben würden, müssten wir praktisch ganz Dänemark mit Offshore-Windturbinen ausstatten. Das macht natürlich auch keinen Sinn.“
[Bearbeitet von Zoran Radosavljevic]