China hat am gestrigen Dienstag seinen eigenen Markt für CO2-Zertifikate gestartet. Im kommenden Jahr wird dieser Markt größer werden, als das bisher global führende Emissionshandelssystem der EU.
Das neue chinesische Emissionshandelssystem gilt zunächst nur für den Energieerzeugungssektor, der für 46 Prozent der CO2-Ausstöße des Landes steht. China ist der größte Luftverschmutzer der Welt und stößt rund ein Viertel der globalen Treibhausgase aus.
Laut Angaben des China Carbon Forum produzieren die jetzt einbezogenen 1.700 Kraftwerke rund 3.500 Megatonnen CO2 (33,9 Prozent aller chinesischen Emissionen). Im Vergleich dazu: Das europäische Emissionshandelssystem ETS umfasste dieses Jahr 1.939 Megatonnen CO2, die durch Kraftwerke und Schwerindustrie erzeugt wurden.
Somit wird der chinesische Markt fast doppelt so groß sein wie der europäische. Dennoch bleibt das neu eingeführte System zunächst hinter den ursprünglichen Plänen zurück: 2016 hatte die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission Chinas (NDRC) erklärt, dass das System auch andere Sektoren (Petrochemikalien, Chemikalien, Baumaterial, Stahl, Metalle, Papierherstellung und den Flugverkehr) und somit insgesamt 6.000 Unternehmen einschließen solle.
Doch auch der zunächst eingeschränkte CO2-Markt wird einen starken Einfluss auf die Zertifikatpreise haben. In Pilotprojekten in einigen chinesischen Provinzen im Jahr 2011 litten die Märkte darunter, dass zu viele Zertifikate im Umlauf waren und die Preise somit bei durchschnittlich 30 Yuan (4 Euro) lagen. Ein ähnliches Problem herrscht auf dem europäischen Markt.
Jiang Zhaoli, Vizevorsitzender der Klimawandel-Abteilung des NDRC, erklärte, der Preis müsse auf 200 bis 300 Yuan (zwischen 25 und 40 Euro) steigen, um genug Druck auf die Unternehmen aufzubauen, ihre Emissionen herunterzufahren. Zhaoli hofft, dass dies im Jahr 2020 erreicht wird, wenn das System vollumfänglich und in allen angedachten Wirtschaftsbereichen funktioniert.
Laut Schätzungen des US-Umweltbundesamts liegen die Sozialkosten für eine Tonne ausgestoßenes CO2 bei 35 Euro. Die Preise im europäischen ETS fluktuieren allerdings seit Jahren zwischen fünf und acht Euro pro Tonne. Somit liegen sie weit unter dem benötigten Preis, ab dem weitreichende Investitionen in kohlenstoffarme Technologien von Seiten der Unternehmen zu erwartet wären.
Die britische Regierung hat in Reaktion darauf einen Mindestpreis von 18 Euro pro Tonne CO2 für Kraftwerke festgelegt. Energieerzeuger müssen somit immer mindestens den Unterschied zwischen dem aktuellen ETS-Preis und dem nationalen Mindestpreis zahlen.
Es gab weitere Vorschläge, unter anderem von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, einen EU-weiten Mindestpreis von 25-30 Euro festzulegen.
Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass sich solche Vorschläge in Europa durchsetzen, unter anderem, weil dadurch die Verbindung des ETS mit den Emissionshandelssystemen anderer Nationen und Regionen verhindert werden würde. Die EU hat ihren Markt bereits mit dem der Schweiz verknüpft und plant weitere Kooperation mit Kalifornien.
Die EU begrüßte Chinas Initiative für einen CO2-Markt – insbesondere, nachdem die USA, der weltweit zweitgrößte Verschmutzer, seine Maßnahmen gegen den Klimawandel stark zurückgefahren haben.
„Während die US-Regierung sich vom Kampf gegen den Klimawandel abwendet, streben China, die EU und viele andere voran,” so EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete in einer Pressemitteilung.
Weiter sagte er: „Mit der EU und China bauen zwei wichtige internationale Akteure auf CO2-Märkte, um ihre Verpflichtungen unter dem Pariser Klimaabkommen zu erreichen und die Emissionen kosteneffektiv zu senken.“
Weiter kündigte der Klimakommissar an, es werde eine „erweiterte Zusammenarbeit“ zwischen der EU und China im Emissionshandel geben. Möglicherweise könnten die beiden Märkte in Zukunft auch miteinander verknüpft werden.
Derweil haben der Europäische Rat und das Europaparlament sich auf die dritte Phase des EU ETS ab 2020 geeinigt. Diese Einigung wurde allerdings für die Entscheidung, kostenlose Verschmutzungsrechte für Länder, die stark von Kohleenergie abhängen, auszugeben sowie das Versagen, einen Mindestpreis einzuführen, heftig kritisiert. Unter diesen Umstände sei davon auszugehen, dass die Zertifikatpreise auf dem ETS weiterhin zu niedrig bleiben.