Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat zum Auftakt des neuen Förderprogramms zur “Dekarbonisierung der Industrie” fünf Millionen Euro für die Salzgitter AG bereitgestellt. Der Stahlkonzern aus Niedersachsen soll im Zuge des Projekts klimafreundlichen Stahl herstellen. Kritik für eine fehlende Industriepolitik kommt aus der Opposition.
Durch das Dekarbonisierungsprogramm sollen “schwer vermeidbare, prozessbedingte Treibhausgasemissionen in den energieintensiven Branchen wie Stahl, Zement, Kalk und Chemie durch den Einsatz innovativer Techniken möglichst weitgehend und dauerhaft reduziert werden”, schreibt das Bundesumweltministerium (BMU) am Freitagmittag (04. Dezember).
Die Umstellung des Hochofenwerks in Salzgitter auf eine CO2-arme Stahlerzeugung soll in den nächsten zwei Jahren erfolgen. Mit einem von der Salzgitter AG entwickelten Verfahren soll die konventionelle Roheisengewinnung im Hochofen auf eine emissionsärmere Direktreduktion umgestellt werden, heißt es in der Erklärung des BMU. Das bedeutet, dass Wasserstoff statt Kokskohle bei der Herstellung des Roheisens verwendet wird. Im schwedischen Luleå wurde dieses Jahr bereits eine solche Testanlage in Betrieb genommen.
Strom kommt (noch) nicht gänzlich aus erneuerbaren Energien
Lange hatten Umweltschutzverbände sowie die Opposition eine Fördermaßnahme für “Grünen Stahl” auch in Deutschland gefordert. Der jetzige Förderbescheid für die Salzgitter AG in Höhe von fünf Millionen Euro aus dem Budget des BMU sei ein Schritt in die richtige Richtung, erklärt Grünen-Abgeordneter und Sprecher für Industriepolitik Dieter Janecek auf EURACTIV-Anfrage: “Es ist sinnvoll und richtig, Pilotanlagen, beispielsweise für die Stahlproduktion durch Direktreduktion, zu fördern.”
Die nötige Energie sowohl für die Wasserstoffherstellung als auch die Stahlerzeugung kommt zunächst noch nicht gänzlich aus erneuerbaren Quellen, auch wenn dies das langfristige Ziel ist. Zwar soll in der Anlage die flexible Nutzung von Wasserstoff und Erdgas optimiert werden, doch falls nicht genügend grüner Wasserstoff verfügbar sein sollte, bleibt keine andere Möglichkeit als emissionserzeugendes Erdgas zu verwenden. Die schwedische Testanlage mit dem Namen “Hybrit” (Hydrogen Breakthrough Ironmaking Technology) verwendet bereits ausschließlich in Schweden produzierten grünen Wasserstoff.
Stahlindustrie für 36 Millionen Tonnen CO2 verantwortlich
Grünen-Politiker Dieter Janecek bemängelt eine fehlende Industriepolitik der Bundesregierung: “Bei den entscheidenden Fragen – nämlich, wo der Strom aus erneuerbaren Quellen und der grüne Wasserstoff zukünftig herkommen soll, lässt die Bundesregierung die Industrie weiter im Regen stehen.” Ohne einen massiven Ausbau beim grünen Strom und ohne grünen Wasserstoff werde die ökologische Transformation der Industrie nicht gelingen, glaubt der Bundestagsabgeordnete.
2019 war die Stahlindustrie mit einem CO2-Austoß von über 36 Millionen Tonnen für etwa ein Drittel der direkten Industrieemissionen in Deutschland verantwortlich. Der Bedarf nach Transformation hin zu weniger Emissionen ist demnach immens. Das BMU plant deshalb, in den kommenden Jahren rund zwei Milliarden Euro über den Energie- und Klimafonds zur Verfügung zu stellen.
Die Grünen pochen allerdings auf konkrete Maßnahmen, damit sich die industrielle CO2-Vermeidung für die Unternehmen rechnet und Kostennachteile für nachhaltig produzierende Unternehmen verringert werden können. Dabei geht es auch um den internationalen Wettbewerb. Europa müsse zum Leitmarkt für CO2-freie Produkte werden, fordert Janecek und schlägt Quoten für CO2-frei erzeugten Stahl in PKWs vor.