Sowohl Montenegro als auch Nordmazedonien haben sich verpflichtet, ihre Emissionen zu reduzieren und einen Preis für Umweltverschmutzung zu erheben. Mit den neuen Initiativen in den beiden Westbalkanländern soll deren Klimapolitik mehr an die Normen und Standards der EU angeglichen werden.
Der EU-Beitrittskandidat Montenegro wurde am Montag von der Energieaufsicht der Union für die Einführung neuer Regeln zur Begrenzung von Treibhausgasen und eines CO2-Marktes gelobt.
Die montenegrinische Gesetzgebung listet auf, welche Betreiber in das „Cap and Trade“-System einbezogen werden und wie viele Verschmutzungsgenehmigungen zugeteilt werden sollen. Außerdem wird ein Mindestpreis pro Tonne Kohlendioxid festgelegt. Dieser wird anfangs wohl bei 24 Euro liegen. Der Kohlenstoffpreis im EU-Emissionshandelssystem (ETS) bei aktuell bei etwa 25 Euro.
„Montenegro ist weiterhin führend bei der Einrichtung eines vollständigen Systems, das zur Reduzierung von Treibhausgasen, zum Schutz der Ozonschicht und zur Anpassung an den Klimawandel erforderlich ist,“ lobt die EU-Energiegemeinschaft in ihrer Erklärung.
Mit den neuen Regeln wird auch eine „Stabilisierungsreserve“ eingerichtet – ähnlich dem EU-eigenen Mechanismus, der die Zuteilung, Übertragung und Nutzung von Emissionsrechten festlegt.
Der EU-Kandidat Montenegro hat in seinen Beitrittsverhandlungen Ende 2018 das Kapitel 27 über Umwelt und Klimawandel eröffnet.
Die Regierung in Podgorica hofft nun, dass die neue Ausrichtung der Klimapolitik die Industrieanlagenbetreiber des Landes zu Sanierungen veranlassen wird. Die meisten erfüllen die in der EU-Richtlinie über Industrieemissionen (IED) festgelegten Standards nicht.
Die EU macht (indirekten) Druck
Länder im „Wartezimmer“ der EU (und sogar noch weiter entfernt) könnten derweil indirekt zu weiteren Maßnahmen zur Emissionssenkung gezwungen werden, da in Brüssel inzwischen angedacht wird, eine zusätzliche CO2-Steuer an den EU-Außengrenzen zu erheben, um damit Importe zu „bestrafen“, die den grünen Standards des Blocks nicht entsprechen.
Diese Steuer soll außerdem eine Verlagerung der CO2-Emissionen nach außerhalb der EU verhindern. In diesem Fall von Verlagerungen der Produktion und der Produktionskapazitäten in Regionen, in denen die Umweltstandards weniger streng sind, spricht man von „Carbon Leakage“.
Nordmazedonien
Montenegro bezieht etwa die Hälfte seines Stroms aus der Verbrennung von Braunkohle. Ähnlich verhält es sich in Nordmazedonien, einem weiteren EU-Aspiranten. Dessen Regierung hat jedoch in diesem Monat eine neue Strategie vorgelegt, mit der ein Ausstieg aus der Kohlekraft schon bis 2025 möglich werden könnte.
Der Entwurf sieht drei Szenarien vor: Einen Business-as-usual-Weg, bei dem die Kohle bis 2040 im Energiemix bleibt, und zwei ehrgeizigere Pläne, die auf einen Ausstieg innerhalb von fünf Jahren abzielen.
„Die nordmazedonische Regierung hat klar erkannt, dass das Ende der Kohle bevorsteht, und hat die Initiative ergriffen, um die Gesundheit der Bevölkerung, die Wirtschaft und unser Klima zu schützen,“ lobte die Klimaschützerin Kathrin Gutmann von der NGO Beyond Coal.
Auch der Energieplan aus Skopje setzt auf ein Emissionshandelssystem, wobei die drei Szenarien unterschiedliche Termine für ihre vollständige Anpassung an den Kohlenstoffpreis des ETS der EU vorsehen. Diese reichen von 2023 bis 2027.
„Die Einführung eines Kohlenstoffpreises sollte als eine wichtige strategische Maßnahme zur CO2-Reduktion bei der Strom- und Wärmeproduktion angesehen werden,“ heißt es im Dokument der nordmazedonischen Regierung. Weiter wird hinzugefügt, dass die Einnahmen in die Verbesserung der Effizienz und in weitere Kapazitäten für saubere Energie gelenkt werden könnten.
In Nordmazedonien finden am 12. April Parlamentswahlen statt. Eine endgültige Entscheidung darüber, welches Energieszenario verfolgt werden soll, wird daher erst im späteren Verlauf dieses Jahres getroffen werden.
Indes dürfte demnächst auch der Zeitplan für die EU-Beitrittsverhandlungen des Landes klarer werden – wenn die EU-Mitgliedsstaaten denn die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen einstimmig beschließen sollten.
[Bearbeitet von Zoran Radosavljevic und Tim Steins]