Norwegen hat sowohl die erneuerbaren Ressourcen als auch den politischen Willen, das erste Land der Welt zu werden, das ausschließlich saubere Quellen für seinen Energiebedarf nutzt. Das geht aus einem Bericht von Energi Norge, einem Non-Profit-Industrieverband der norwegischen Stromerzeuger, hervor.
„Es ist unser Ziel, dass Norwegen die erste voll-elektrifizierte Gesellschaft der Welt wird – basierend auf Wasserkraft und verbesserter Zusammenarbeit der Energiefirmen mit den Behörden”, sagte Energi-Norge-Chef Oluf Ulseth gegenüber der Nachrichtenagentur NTB.
Die norwegische Regierung hatte kürzlich angekündigt, dass ab 2025 in dem Land keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr verkauft werden dürfen. Dieser Schritt wurde von anderen europäischen Ländern wie Frankreich und Großbritannien nachgeahmt. Norwegen möchte die Anzahl an Elektroautos, die heute bereits bei über 100.000 liegt, weiter erhöhen. Daher hat die Regierung mehrere Maßnahmen ergriffen, darunter Steuererleichterungen für geleaste E-Autos, Befreiung von Maut- und Fährgebühren sowie die Erlaubnis, mit einem Elektroauto die Busspuren in größeren Städten zu benutzen.
Im Jahr 2015 machte der Verkauf von elektrischen Autos 22 Prozent des gesamten norwegischen Automarkts aus. Nächstes Jahr soll der Marktanteil die Marke von 30 Prozent erreichen. Energi Norge warnt allerdings, dass der Wechsel auf E-Autos auch mit einem „erheblichen Aufwand in der restlichen Transportindustrie“ einhergeht.
Angelehnt an die europäische Strategie für alternative Kraftstoffe der EU hat sich Norwegen ambitionierte Ziele gesetzt und will die geforderte „angemessene Anzahl“ an öffentlich zugänglichen Ladepunkten für Elektroautos möglichst schnell erreichen: Oslo will im Jahr 2020 eine Ladestation pro zehn Autos bieten und muss dafür insgesamt 25.000 Stationen errichten.
Derzeit wird etwas mehr als 96 Prozent des norwegischen Energiebedarfs durch Wasserkraft gedeckt. Hinzu kommen etwa zwei Prozent aus anderen erneuerbaren Energiequellen. Der Restbedarf wird von drei Erdgaskraftwerken geliefert.
Oluf Ulseth von Energi Norge führt auch an, dass der Energiewechsel zusätzliche Arbeitsplätze sowie Innovation schaffen werde. Der Prozess erlaube es dem Land, „eine führende Rolle in der Klimapolitik einzunehmen und gleichzeitig unsere Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.“ Außerdem werde Norwegens Elektrifizierung auch seinen EU-Nachbarn Dänemark und Schweden nutzen, da die skandinavischen Länder ihre Energienetze seit langem eng miteinander verknüpft haben.
Darüber hinaus wird das norwegische Netz bald auch mit denen in Deutschland und Großbritannien verbunden sein. Mehrere Verbindungsleitungsprojekte sind derzeit in der Entwicklungsphase. NordLink, das Norwegen und Deutschland mit einem 500 Kilometer langen Unterseekabel verbindet, wird 2019 fertiggestellt. North Sea Link zwischen Norwegen und Großbritannien soll 2021 in Betrieb gehen. Mit dem Projekt NorthConnect soll außerdem Schottland mit dem skandinavischen Land verbunden werden. NordLink und NorthConnect werden von der EU als „Vorhaben von gemeinsamem Interesse“ (project of common interest – PCI) finanziell gefördert.