Die Europäische Kommission steht unter Druck, einen überarbeiteten Aktionsplan für die 5G- und 6G-Mobilfunktechnologien vorzuschlagen, damit die Verbindungskapazitäten des Blocks gestärkt werden. Das schreibt zumindest der kroatische EU-Ratsvorsitz in einem Textentwurf, den EURACTIV.com einsehen konnte.
Die 5G-Entwicklung erlebt in Europa gerade diverse Rückschläge: Die benötigten Frequenz-Maßnahmen im gesamten Block verzögern sich, und die Technologie selbst sieht sich wilden Verschwörungstheorien gegenüber, die entsprechenden Funkmasten hätten beim Ausbruch des Coronavirus eine Rolle gespielt.
In dem neuen Dokument der kroatischen Ratspräsidentschaft – offenbar der jüngste Entwurf eines Arbeitspapiers mit dem Titel Shaping Europe’s Digital Future („Gestaltung der digitalen Zukunft Europas“), das derzeit von den Mitgliedstaaten diskutiert wird – wird außerdem darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, EU-weit verlässliche Netze und Verbindungen zu schaffen. Insbesondere die Coronavirus-Krise habe die lückenhafte Versorgung in Europa offengelegt: „Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, dass eine schnelle und überall verfügbare Konnektivität notwendig, aber in vielen europäischen Regionen immer noch nicht vorhanden ist“, heißt es in dem Entwurf.
Auch deswegen fordere die kroatische Ratspräsidentschaft von der Kommission die Schaffung eines „überarbeiteten Aktionsplans für 5G sowie 6G.“
Dieser solle „den richtigen Rahmen setzen, um es Betreibern und Dienstleistungsanbietern, allen Beteiligten, zu ermöglichen, im Einklang mit den Grundsätzen des Wettbewerbsrechts in die fortschrittlichsten 5G-Netz- und Dienstleistungslösungen zu investieren; sowie um Anreize für europäische Unternehmen zu schaffen, mit der Entwicklung und dem Aufbau von Technologiekapazitäten im 6G-Bereich zu beginnen“.
Die kroatische Ratspräsidentschaft wünscht sich von den übrigen Mitgliedstaaten eine Stellungnahme zu diesen Forderungen bis zum 5. Mai.
Auch in einer früheren Version des Entwurfs waren die EU-Institutionen und die Staaten aufgefordert worden, Lehren aus der Pandemie zu ziehen, um bald mit möglichst großen Ambitionen die Gestaltung der Zukunft im Digitalbereich in Angriff zu nehmen.
Dienstleistungen und Medien
Desweiteren weist der neueste Textentwurf auch darauf hin, dass die Pläne der EU für den sogenannten Digital Services Act weiter aktiv vorangetrieben werden sollten. Unter diesem geplanten Gesetz wird das Vorhaben der EU zusammengefasst, mehrere Bereiche der Online-Welt zu regulieren, was möglicherweise Themen wie Desinformation, politische Werbung und anstößige Inhalte/Hate Speech umfasst.
Eigentlich sollte ein Entwurf bis Ende dieses Jahres vorgelegt werden; dies wird sich aber wahrscheinlich auf Anfang 2021 verzögern.
Darüber hinaus enthält der jüngste Text auch einen Abschnitt über Medienpolitik, in dem die Förderung von „langfristiger Nachhaltigkeit“ im Nachrichtensektor hervorgehoben wird. Im Entwurf heißt es dazu: „Qualitätsjournalismus, eine vielfältige und unabhängige Medienlandschaft, Transparenz und eine starke Förderung der Medienkompetenz sind von besonderer Bedeutung im digitalen Transformationsprozess und entscheidend für die europäische Demokratie.“
Ein früherer 5G-Aktionsplan der Kommission hatte sich bereits 2016 abgezeichnet, als die Exekutive eine Reihe von Zielen festlegte, darunter einen gemeinsamen EU-Zeitplan für einen koordinierten Marktstart von 5G im Jahr 2020 sowie eine größere Harmonisierung bei der Zuweisung von 5G-Frequenzen.
Aktuell scheint es jedoch diverse Schwierigkeiten bei der Erreichung der 5G-Ziele zugeben: Kürzlich wurde bekannt, dass mehrere EU-Länder wie Polen, Spanien, Österreich, Portugal und die Tschechische Republik ihre Auktionen für 5G-Frequenzen verschoben haben. Darüber hinaus hat Slowenien im vergangenen Monat die Einrichtung von 5G-Technik im Land gestoppt.
Bei Branchenvertretern kommt dies freilich nicht gut an. Ericsson-CEO Borje Ekholm teilte mit: „Wir sind besorgt, dass sich 5G-Investitionen in Europa weiter verzögern werden.“
[Bearbeitet von Benjamin Fox und Tim Steins]