YouTube sperrte am Dienstag (1. März) Konten, die mit den vom russischen Staat kontrollierten Sendern RT und Sputnik verbunden sind. Tausende von Videos wurden entfernt als Reaktion auf Aufrufe, die Verbreitung kremlfreundlicher Propaganda in sozialen Medien nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine einzudämmen.
Aufgrund der weitreichenden EU-Sanktionen stehen russische Medien in der gesamten EU auf der schwarzen Liste – der Zugang zu ihren Websites ist gesperrt, und Kabelanbieter haben russische Kanäle vom Netz genommen. Aber einige Interessengruppen und Gesetzgeber sind noch einen Schritt weiter gegangen und haben von den Social Media-Riesen verlangt, ihren Teil dazu beizutragen, den Fluss der Desinformationen einzudämmen.
YouTube reagierte auf die Aufforderungen, indem es Konten sperrte und Hunderte von Kanälen und Tausende von Videos entfernte, während es „weiterhin auf verletzende Fehlinformationen achtet“.
„Es wird eine Weile dauern, bis unsere Systeme vollständig in Ordnung sind. Unsere Teams überwachen die Situation weiterhin rund um die Uhr, um schnell handeln zu können“, sagte ein YouTube-Sprecher in einer Erklärung.
Aufrufe zum Stopp der Desinformation
Am Sonntag forderte die ukrainische Regierung Mark Zuckerberg auf, den Zugang zu Facebook und Instagram in Russland zu sperren und mehrere „russische Propagandakanäle“ zu verbieten.
Mykhailo Fedorov, Vizepremierminister der Ukraine und Minister für die digitale Transformation, forderte Google ebenfalls zum Eingreifen auf. „Meta schreitet ein, um russische Lügen zu unterbinden. Wann wird YouTube das tun? Wir fordern Google auf, die russischen Staatsmedien auf das Schärfste zu ‚ent-plattformisieren“, twitterte er am Montag.
Am selben Tag forderten die Premierminister:innen von Litauen, Lettland, Estland und Polen in einem offenen Brief Meta, Twitter, Google und YouTube auf, entschlossener gegen den russischen Informationskrieg vorzugehen.
Litauens Ministerpräsidentin Ingrida Šimonytė, die den Brief initiiert hat, sagte am Montag (28. Februar): „Wir haben uns an die großen sozialen Medienunternehmen gewandt, weil über diese Plattformen Desinformationen verbreitet werden, egal ob über Meta, Twitter oder YouTube.“
In dem Brief wird hervorgehoben, dass Russlands Angriffskrieg in der Ukraine von einer „massiven Desinformationskampagne gefolgt wird, um seinen Angriffskrieg vor der Welt und der eigenen Bevölkerung zu rechtfertigen und die Verbrechen zu verbergen, die in dessen Verlauf begangen werden“.
Die Verpflichtungen der EU
Alle in dem Brief erwähnten Plattformen sind Unterzeichner des EU-Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation aus dem Jahr 2018.
Der Kodex ist zwar eine freiwillige Vereinbarung zur Selbstregulierung bei der Bekämpfung von Desinformation, aber mit dessen Unterzeichnung sind bestimmte Verpflichtungen verbunden. Dazu gehören die Gewährleistung von Transparenz bei politischer Werbung, die Sperrung von Fake-Accounts und die Demonetarisierung von Verbreitern von Desinformationen.
Darüber hinaus boten die unterzeichnenden Länder die Hilfe ihrer Expert:innen an, um Kanäle zu identifizieren, die Desinformationen verbreiten.
Die Minister:innen forderten in dem Brief auch die Sozialen Medien-Unternehmen auf, dem Druck der russischen Regierung nicht nachzugeben, da „diese sozialen Netzwerke nicht nur für Propaganda genutzt werden, sondern auch von der Russischen Föderation unter Druck gesetzt werden, mit ihnen zusammenzuarbeiten und die Inhalte zu zensieren, die russische Bürger:innen erhalten“.
Die litauische Ministerpräsidentin fügte hinzu, dass „wir darauf gedrängt haben, die Konten der Zivilgesellschaft oder unabhängiger Medien nicht zu blockieren, wenn es in der Russischen Föderation überhaupt noch welche gibt“.
Was haben die sozialen Medien bisher geleistet?
Am Freitag (25. Februar) twitterte Google, dass seine „Teams für gefährliche Informationen“ ständig nach „disruptiven Desinformationskampagnen, Hackerangriffen und finanziell motiviertem Missbrauch Ausschau halten und mit anderen Unternehmen und relevanten Regierungsbehörden zusammenarbeiten, um diesen Bedrohungen gegenzuwirken“.
Die Facebook-Muttergesellschaft Meta gab am Samstag (26. Februar) bekannt, dass ein spezielles Operationszentrum eingerichtet wurde, das die Plattform „rund um die Uhr überwacht, damit wir auf Probleme in Echtzeit reagieren können“.
Es wurde auch hervorgehoben, dass „umfangreiche Schritte“ unternommen werden, „um die Verbreitung von Fehlinformationen zu bekämpfen, indem wir unsere Kapazitäten zur Überprüfung von Fakten durch Dritte auf Russisch und Ukrainisch erweitern“. Anzeigen von russischen Staatsmedien wurden ebenfalls verboten und ihre Konten gelöscht.
Nicht genug
Doch die bisher ergriffenen Maßnahmen lassen laut Šimonytė noch zu wünschen übrig. „Obwohl die Online-Plattformen erhebliche Anstrengungen unternommen haben, um gegen den beispiellosen Angriff der russischen Regierung auf die Wahrheit vorzugehen, haben sie nicht genug getan“.
Nick Clegg, Präsident für globale Angelegenheiten bei Meta, twitterte am Montag, dass Meta „Anfragen von einer Reihe von Regierungen und der EU erhalten hat, weitere Schritte in Bezug auf die russischen staatlich kontrollierten Medien zu unternehmen“.
Er fügte hinzu: „Angesichts der außergewöhnlichen Lage werden wir den Zugang zu RT und Sputnik in der EU derzeit einschränken“ und versicherte, dass „wir in dieser Angelegenheit weiterhin eng mit den Regierungen zusammenarbeiten werden.“
In der Zwischenzeit ist Twitter dazu übergegangen, Nachrichten, die aus staatsnahen Medien wie RT oder Sputnik über die Plattform geteilt werden, mit einem speziellen Hinweis zu versehen, dass es sich um russisch, staatlich gelenkte Medien handelt. Zudem wird auch die Reichweite ihrer Tweets eingeschränkt.
Die EU-Kommission sucht derzeit nach dem „besten rechtlichen Weg“, die pro-russischen Medien RT und Sputnik zu verbieten, um deren „schädliche und gefährliche Desinformation in Europa“ zu stoppen, nachdem Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Sonntag ein Verbot verkündete.
[Bearbeitet von Luca Bertuzzi/Alice Taylor]