Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Paxlovid als die bisher beste Behandlungsoption für Hochrisikopatient:innen mit Corona bezeichnet. Für ärmere Länder dürfte das Medikament jedoch schwer bezahlbar sein.
In ihrem aktualisierten Leitfaden für die Behandlung von Corona-Erkrankungen von Freitag (22. April) empfiehlt die WHO Paxlovid für Patient:innen mit milder Corona-Erkrankung, bei denen das Risiko einer schweren Erkrankung und eines Krankenhausaufenthalts am höchsten ist. Darunter fallen beispielsweise ungeimpfte, ältere oder immungeschwächte Patient:innen.
Das orale Virostatikum von Pfizer, das als Kombination von Nirmatrelvir- und Ritonavir-Tabletten angeboten wird, ist eine von acht Corona-Behandlungsmethoden, die von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zugelassen wurden.
Es war das erste antivirale Arzneimittel, das in der EU für die Behandlung von Corona empfohlen wurde und oral verabreicht wird. Januar dieses Jahres erhielt Paxlovid eine bedingte Zulassung in der EU.
Janet Victoria Diaz, WHO-Leiterin für klinische Versorgung bei Corona-Erkrankungen, sagte am Donnerstag, dem 21. April, auf einer Pressekonferenz, dass die WHO daran arbeite, den Medikamentenkonsum auf klinischer Ebene besser zu definieren.
„Wir arbeiten an einem besseren Verständnis, um die Entscheidungsfindung zwischen Patient:innen und Ärzt:innen zu erleichtern“, sagte sie.
Der Einsatz von Paxlovid bei Erkrankten mit geringerem Risiko wird von der WHO nicht empfohlen, „da der Nutzen als vernachlässigbar eingestuft wurde.“
Zentrale Bedeutung von Therapeutika
Impfstoffe sind eine der Säulen im Kampf gegen Corona. Therapeutika bilden eine zweite Säule und sind bei schweren Krankheitsverläufen unerlässlich.
„Therapeutika ersetzen keine Impfung. Sie bieten uns lediglich eine weitere Behandlungsmöglichkeit für Risikopatient:innen, die sich infiziert haben“, betonte Diaz.
Sie fügte hinzu, dass in Krankenhäusern bereits Behandlungen mit Immunmodulatoren durchgeführt werden. „Aber jetzt haben wir mehr Behandlungsmöglichkeiten für Hochrisikopatient:innen, die noch nicht mit Sauerstoff im Krankenhaus behandelt werden müssen, bei denen aber ein entsprechendes Risiko besteht“, so Diaz.
Am 13. April wies Albert Bourla, Chairman und Chief Executive Officer von Pfizer, bei einer von der International Federation of Pharmaceutical Manufacturers & Associations (IFPMA) organisierten Pressekonferenz ebenfalls auf die Bedeutung von Therapeutika hin, insbesondere wenn die Corona-Beschränkungen aufgehoben werden.
„Mit den Lockerungen der Beschränkungen werden wir häufigere Erkrankungswellen beobachten. Und weil die Immunreaktionen [nach der Impfung] mit der Zeit nachlassen, werden die Erkrankungen intensiver sein. Ich denke also, dass die Behandlungen in den kommenden Monaten wirklich eine wichtige Rolle spielen werden“, sagte er.
Die Angst, am Ende der Warteschlange zu stehen
Die WHO-Empfehlungen sind jedoch mit der Sorge verbunden, dass beim Zugang zu dieser lebensrettenden Behandlung wie schon bei der Corona-Schutzimpfung Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen an das Ende der Warteschlange gedrängt werden.
„Die Verfügbarkeit, die mangelnde Preistransparenz bei bilateralen Verträgen mit dem Hersteller und die Notwendigkeit, das Medikament vor der Verabreichung umgehend und genau zu testen, stellen für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen eine große Herausforderung dar“, heißt es in der Pressemitteilung der WHO.
Die Verbesserung des Zugangs zu frühzeitigen Tests und Diagnosen in der medizinischen Grundversorgung gilt als Schlüssel für die weltweite Einführung dieser Behandlung. Die von FIND erhobenen Daten zeigten seinerzeit, dass die durchschnittliche tägliche Testrate in Ländern mit niedrigem Einkommen nur ein Achtzigstel der Rate in Ländern mit hohem Einkommen betrug.
Die WHO empfahl Pfizer außerdem nachdrücklich, seine Preisgestaltung und seine Verträge transparenter zu gestalten und den geografischen Geltungsbereich seiner Lizenz über den sogenannten Medicines Patent Pool zu erweitern.
Neues zu Veklury
Die aktualisierten Leitlinien enthalten auch Empfehlungen zu Veklury (Remdesivir), einem anderen antiviralen Arzneimittel, das ebenfalls in der EU zugelassen ist.
Auf der Grundlage neuer klinischer Studiendaten wird Veklury bei leichten oder mittelschweren Fällen von Corona mit hohem Risiko für einen Krankenhausaufenthalt empfohlen. Zuvor hatte die WHO von der Anwendung bei allen Corona-Patient:innen, unabhängig von der Schwere der Erkrankung, abgeraten.
Außerdem werde die Empfehlung für den Einsatz von Veklury bei Patient:innen mit schwerer oder kritischer Coronaerkrankung derzeit überprüft.
[Bearbeitet von Alice Taylor]