Die Europäische Kommission hat eine breit angelegte kartellrechtliche Untersuchung über Internet-der-Dinge-Technologien wie Sprachassistenten und andere mobile Geräte eingeleitet. Das teilte die für Wettbewerb zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager am Donnerstag mit.
Die Untersuchung wird sich auf Verbraucherprodukte im Bereich Internet der Dinge konzentrieren. Ziel ist es, Einzelheiten darüber herauszufinden, wie solche Geräte die im Rahmen ihrer Nutzung ausgetauschten Daten sammeln und monetarisieren.
Vestager wies daraufhin, dass insbesondere auch Sprachsteuerungen – wie Apples Siri, Amazons Alexa und der Google Assistant – unter die Lupe genommen werden.
„Eines der Schlüsselthemen sind hier die Daten. Sprachunterstützung und intelligente Geräte können riesige Datenmengen über unsere Gewohnheiten sammeln,“ sagte sie am Donnerstag der Presse. „Es besteht die Gefahr, dass Unternehmen diese Daten, die sie über solche Geräte sammeln, missbrauchen, um ihre Position auf dem Markt zu stärken.“
„Sie könnten sogar ihr Wissen darüber, wie wir auf unsere Services zugreifen, missbrauchen, um in den Markt für diese Dienstleistungen einzutreten und ihn zu übernehmen,“ fügte sie hinzu.
Die Untersuchung soll sich außerdem auf intelligente Haushaltsgeräte und tragbare Technologie-Gadgets wie Smartwatches konzentrieren. Auch dabei sei festzustellen, ob die von derartigen Geräten gesammelten Daten den Unternehmen gegebenenfalls einen unfairen Marktvorteil bescheren.
„Das Problem ist, dass der Wettbewerb auf digitalen Märkten sehr fragil sein kann, wenn große Unternehmen ihre Macht missbrauchen,“ merkte Vestager an und fügte hinzu, dass solche Situationen zu einem Scheitern der Märkte führen können. Schlimmstenfalls bleibe nur ein Unternehmen übrig, das mit seiner Monopolstellung dann hohe Gewinne einfahren und ein wettbewerbsfeindliches Umfeld für andere Firmen schaffen könnte.
„So etwas haben wir schon mal erlebt. Wenn wir nicht rechtzeitig handeln, besteht die ernste Gefahr, dass dies mit dem Internet der Dinge wieder geschieht,“ warnte die Wettbewerbskommissarin.
Sogenannte Sektoruntersuchungen werden eingeleitet, wenn die Kommission davon ausgeht, dass gewisse Marktverzerrungen infolge unlauterer Praktiken, die gegen die EU-Wettbewerbsregeln verstoßen, möglicherweise auftreten könnten.
Als Teil der nun angekündigten Untersuchung will die Kommission Rückmeldungen von 400 Unternehmen in und aus Europa, Asien und Amerika einholen, um zu verstehen, was genau die Firmen mit den bei der Verwendung ihrer Produkte gewonnenen Daten tun.
Eine Schlüsselfrage, mit der sich die Kommission befassen muss, ist auch die Frage, inwieweit solche Geräte „interoperabel“ sind. Damit soll sichergestellt werden, dass für neue Marktteilnehmer gleiche Wettbewerbsbedingungen gewährleistet sind.
Wettbewerb
Im breiteren Sinne hatte die Kommission bereits kürzlich angekündigt, man wolle noch vor Ende 2020 neue Wettbewerbsregelungen vorstellen, die den EU-Binnenmarkt „fit für das digitale Zeitalter“ machen sollen.
Diese Instrumente würden dazu dienen, strukturelle Risiken auf den Märkten abzuschwächen und gegebenenfalls in Situationen einzugreifen, in denen der Markt zu scheitern und ein Monopol zu entstehen droht.
Die Kommission sieht vor, dass mit den neuen Regelungen „strukturelle Abhilfemaßnahmen“ gegen Wettbewerbsungleichgewichte auferlegt werden. Brüssel werde aber nicht über potenzielle Verstöße entscheiden oder Geldbußen verhängen.
Während die Generaldirektion Wettbewerb der Kommission (DG COMP) das neue Instrument als ein „Allzweckinstrument“ anpreist, dürfte seine Anwendung am deutlichsten in der Plattformwirtschaft zu beobachten sein – also vornehmlich digitalen Märkten, die Merkmale wie extreme Größenvorteile, starke Netzwerkeffekte und Datenabhängigkeit aufweisen, mit denen sich die Kommission befassen möchte.
Vestager merkte ihrerseits schon im Mai an, dieses neue Regulierungs-Tool werde eine wichtige Rolle im Reformpaket der EU spielen, mit dem versucht werden soll, das Online-Ökosystem effektiver zu regulieren.
[Bearbeitet von Zoran Radosavljevic und Tim Steins]